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BVG-Krise: Mehr Ausfälle, weniger Personal
Neue Zahlen verdeutlichen das Ausmaß der Berliner U-Bahn-Krise
Wer auf seinem Arbeitsweg auf die U8 von Wittenau zum Hermannplatz oder auf die U5 von Hönow nach Hauptbahnhof angewiesen ist, die*der brauchte in den letzten Wochen und Monaten ein robustes Nervenkostüm. Züge kommen regelmäßig zu spät. Eine Fahrt gleicht oft Szenarien, wie sie einschlägige Videoschnipsel vom ÖPNV in Tokio zeigen. Als Fahrgast ist man mittlerweile auf Verspätungen und eine beengte Beförderung eingestellt.
Doch, wer regelmäßig auf U8 und U5 aber auch U2 oder U9 unterwegs ist, der*dem sei gesagt, es geht noch bescheidener. Auf den Linien U1 und U3 war der Unterschied zwischen vorgesehenem und tatsächlich bereitgestelltem Angebot deutlich größer. Auf der U3 konnten in den vergangenen zwölf Monaten zwischen 32 und 74 Prozent der geplanten Beförderungskapazität erreicht werden, auf der U1 waren es zwischen 18 und 98 Prozent, wobei seit Mai dieses Jahres nicht mehr als 30 Prozent des Plans erfüllt wurden. Auf allen anderen Linien lag die Erfüllungsquote über 90, meistens sogar deutlich über 95 Prozent. Die Zahlen stammen von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) selbst und sind der Antwort der Senatsverwaltung für Verkehr auf eine schriftliche Anfrage der Grünen-Abgeordneten Antje Kapek zu entnehmen.
Aus der Antwort gehen auch die ausgefallenen Kilometer je Monat und Linie hervor. Die Übersicht ergibt eine deutliche Zunahme innerhalb der letzten vier Jahre, und zwar für alle U-Bahn-Linien. Spitzenreiter ist hier die U7, die mit 31,7 Kilometern längste aller U-Bahn-Linien. Im August fielen hier fast 40 000 Kilometer aus. Von Januar bis August 2023 waren es noch etwa 27 000 Kilometer aus, im gesamten Jahr 2021 14 000 Kilometer.
»Die Zahlen und Daten zu den Problemen bei der BVG bestätigen das, was die Fahrgäste der BVG schon lange merken: Man kann sich auf die U-Bahn nicht mehr verlassen.«
Gabi Jung BUND Berlin
Eine kurzfristige Besserung des Trends ist kaum auszumachen. Die Ursachen liegen im veralteten und immer anfälligeren Fuhrpark und im Personalmangel. Der Senat hat beim Zug-Hersteller Stadler 1500 Züge bestellt. Wann die geliefert werden ist nach wie vor offen. Man doktort dort noch immer an Software-Problemen herum.
Fahrpersonal wird sich im benötigten Umfang auch nicht kurzfristig beschaffen lassen. Anfang des Jahres hieß es von der BVG, bei heute 16 000 Beschäftigten müsse bis 2027 eine Personallücke von 10 000 Mitarbeiter*innen geschlossen werden. Die Entwicklung zeigt bei der U-Bahn in eine andere Richtung. Das geht aus einer weiteren Antwort der Verkehrsverwaltung an den SPD-Abgeordneten Tino Schopf hervor. Zwar hat sich der Stamm an U-Bahnfahrer*innen, die direkt bei der BVG angestellt waren, von Dezember 2021 bis Juli 2024 von 606 auf 664 um zehn Prozent erhöht. Doch bei der Tochtergesellschaft Berlin-Transport sank die Zahl der U-Bahn-Fahrer*innen im gleichen Zeitraum von 254 auf 141. Insgesamt sind heute also 54 weniger U-Bahn-Fahrer*innen bei der BVG und ihrer Tochter angestellt, ein Rückgang um 6,4 Prozent in zweieinhalb Jahren. Gleichzeitig hat sich die Anzahl der U-Bahnfahrer*innen in Teilzeit bei Mutter- und Tochtergesellschaft von 317 auf 329 vergrößert. Um die Personallücke kurzfristig zu schließen, rekrutiert die BVG nun ehemalige Fahrer*innen aus dem Ruhestand. Zudem würden Verwaltungsmitarbeitende und Führungskräfte die Fahrer*innen im Einsatz durch Übernahme von Fahrdiensten unterstützen.
Wenn die BVG nicht liefert wie bestellt, fließt weniger Geld, zuletzt 25 Millionen Euro. Die schwarz-rote Koalition erwägt darüber hinaus in Anbetracht eines Haushaltsloch von drei Milliarden Euro in 2025 und weiteren zu erwartenden Engpässen für den Doppelhaushalt 2026/2027 auch die Mittel für Neuinvestitionen der BVG zu kürzen, so etwa bei den Standards für neue Fahrzeuge.
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Von der Umweltschutzorganisation BUND Berlin hieß es am Freitag: »Die Zahlen und Daten zu den Problemen bei der BVG bestätigen das, was die Fahrgäste der BVG schon lange merken: Man kann sich auf die U-Bahn nicht mehr verlassen.« Das erklärte die Geschäftsführerin Gabi Jung. Für das Gelingen der Verkehrswende werde unbedingt mehr Geld für die Modernisierung der Berliner U-Bahn gebraucht. »Leider hat der Berliner Senat hierfür keinen Plan und verschärft die Situation der BVG noch, indem er beabsichtigt, die Mittel für die BVG zu kürzen«, erklärte Jung.
Jung verwies zudem auf eine falsche Verwendung der Mittel. Wie die »Berliner Morgenpost« am Freitag berichtete, hat der Senat eine Machbarkeitsstudie für die Verlängerung der U-Bahnline 9 von Wedding nach Pankow und der U2 von Pankow nach Niederschönhausen in ausgeschrieben. Man wolle die »Identifizierung einer wirtschaftlichen Trassenführung für die U-Bahn« erreichen, zitiert die »Berliner Morgenpost« einen Sprecher der Verkehrsverwaltung. In Zeiten knapper Kassen sei dies nicht nur eine Verschwendung von Steuergeldern, kommentiert BUND-Chefin Jung, sondern auch das völlig falsche Signal. »Statt neuer teurer U-Bahn-Pläne muss das bestehende Netz ertüchtigt und mehr Geld für sichere Rad- und Fußwege zur Verfügung gestellt werden. Auch in der viel günstigeren Straßenbahn ist das Geld deutlich besser investiert.«
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