Berlin: Linke will zur Kasse bitten

Linksfraktion setzt im Haushaltschaos auf mehr Einnahmen

Über einen solchen Geldsegen würden sich Berliner Haushälter mit Sicherheit freuen.
Über einen solchen Geldsegen würden sich Berliner Haushälter mit Sicherheit freuen.

Um den Unterschied zwischen Rot-Grün-Rot und Schwarz-Rot zu beschreiben, greift Sebastian Schlüsselburg zu einem Bild: »Wenn der rot-grün-rote Senat mit 50, 60 Stundekilometern auf die Abbruchkante zugefahren ist, rast Schwarz-Rot jetzt mit 220 Sachen auf eine steile Klippe zu«, sagt der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion. Zwar habe auch der Vorgängersenat mit Finanzproblemen zu kämpfen gehabt, aber unter der aktuellen Landesregierung habe sich das Haushaltschaos potenziert. Rot-Grün-Rot habe noch einen moderaten Konsolidierungskurs verfolgt, doch CDU und SPD steuerten auf einen »sozialen Kahlschlag« zu.

Drei Milliarden Euro muss die Koalition im kommenden Jahr sparen, also etwa zehn Prozent des Haushaltsvolumens. Auch für die folgenden Jahre wird mit weiter notwendigen Kürzungen gerechnet. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Finanzsenator Stefan Evers (CDU) kündigten zuletzt an, dass alle Senatsverwaltungen Vorschläge für streichbare Ausgaben einreichen sollen.

»Schwarz-Rot verweigert die Antwort, wie mit den finanziellen Herausforderungen umgegangen werden soll«, kritisiert Linksfraktionsvorsitzender Tobias Schulze am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Die Koalition führe die Diskussion um mögliche Kürzungen in Hinterzimmern und lasse so Träger im Unklaren, die auf die öffentliche Finanzierung angewiesen seien. Diese müssten jetzt schon befristet angestellte Mitarbeiter entlassen, weil der Senat erst im Dezember darüber entscheiden will, welche Projekte im neuen Jahr weiter finanziert werden. »Die sitzen jetzt alle auf heißen Kohlen«, so Schulze.

Was aber ist die Alternative zum Haushaltschaos? Geht es nach der Linksfraktion, müsste zunächst an die Einnahmenseite gedacht werden. »Der Finanzsenator macht die Hälfte seines Jobs nicht«, sagt Sebastian Schlüsselburg. Zurzeit gebe es ein »Rekordhoch« bei Steuerrückständen von etwa 978 Millionen Euro. Diese hätten sich vor allem bei der Umsatzssteuer, aber auch bei allen anderen Steuerformen angesammelt. »Dem Senat fehlt eine seriöse Strategie, wie das eingesammelt werden kann«, sagt Schlüsselburg. Den Finanzämtern fehle es an Personal, um das ausstehende Geld einzutreiben.

Vor allem aber müssten mehr Steuern erhoben werden. »Es werden unnötig Einnahmen liegengelassen«, sagt Schlüsselburg. So soll nach dem Willen der Linksfraktion die Grunderwerbssteuer um 0,5 Prozentpunkte angehoben werden. Auch die Übernachtungssteuer, die Zweitwohnungssteuer und die Vergnügungssteuer sollen demnach kräftig steigen, um das Loch im Berliner Landeshaushalt zu stopfen.

Um den Haushalt zu entschlacken, wollen die Linken zudem auf »alternative Finanzierungsmodelle« setzen. Gemeint sind damit vor allem sogenannte Transaktionskredite. Das bedeutet, dass das Land zu günstigen Konditionen Kredite auf dem Kapitalmarkt aufnimmt und diese an landeseigene Gesellschaften weitergibt, die damit wiederum Landesaufgaben übernehmen sollen. Möglich sei dies etwa bei der Unterbringung von Flüchtlingen oder der Sanierung von Hochschulen, so Tobias Schulze.

Insgesamt, so Schulze, könnte sich der Konsolidierungsbedarf so auf etwa ein Drittel reduzieren. Auf die Frage, wo die dann noch notwendigen Ausgabenkürzungen erbracht werden sollen, bleibt er allerdings unkonkret und verweist nur darauf, dass »priorisiert« werden müsse. Zwei Projekte, die aus Sicht der Linken gestrichen werden könnten, fallen ihm dann doch noch ein. »Das 29-Euro-Ticket kann man sich aus heutiger Sicht nicht mehr leisten«, so Schulze. Auch das geplante Straßenprojekt Tangentialverbindung Ost könne gestrichen werden.

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