Rechtsbeugung in Italien

Cyrus Salimi-Asl über das italienische Dekret zu sicheren Herkunftsstaaten

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 2 Min.
Migranten, die Anfang dieser Woche in internationalen Gewässern abgefangen und in eine Aufnahmeeinrichtung in Albanien gebracht wurden, gehen am Samstag, 19. Oktober 2024, in der albanischen Hafenstadt Schengji an Bord eines Schiffes der italienischen Küstenwache mit Ziel Italien, nachdem ein Gericht in Rom ihre Inhaftierung abgelehnt hat.
Migranten, die Anfang dieser Woche in internationalen Gewässern abgefangen und in eine Aufnahmeeinrichtung in Albanien gebracht wurden, gehen am Samstag, 19. Oktober 2024, in der albanischen Hafenstadt Schengji an Bord eines Schiffes der italienischen Küstenwache mit Ziel Italien, nachdem ein Gericht in Rom ihre Inhaftierung abgelehnt hat.

So stellt sich die rechte italienische Regierung die Gewaltenteilung vor: Die Exekutive entscheidet, Geflüchtete gesetzeswidrig in albanischen Lagern festzusetzen. Die Judikative schreitet mit einem Gerichtsurteil ein, und die Exekutive schreit »Verrat«, erlässt kurzerhand ein Dekret, das das Gerichtsurteil aushebeln soll. Giorgia Meloni und ihre Minister lassen wenig Zweifel daran, wie sie Regierungsverantwortung verstehen: als absolute Herrschaft, sanktioniert auf vier Jahre durch den Souverän bei den Parlamentswahlen. Richterliche Beschlüsse gegen Entscheidungen der Regierung werden a priori als illegitime Sabotageversuche aufgefasst. Richter sollen die Gesetze lediglich anwenden, nicht interpretieren.

nd.Kompakt – unser täglicher Newsletter

Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.

Regieren per Dekret

Das am Montag erlassene Regierungsdekret legt 19 sogenannte sichere Herkunftsstaaten fest, in die Schutzsuchende abgeschoben werden dürften, unter anderem nach Ägypten und Bangladesch, obwohl die aus Albanien zurückgeholten Geflüchteten aus genau diesen Ländern stammten. Mit dem Dekret will die Regierung einem Gerichtsurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Genüge tun, wonach Staaten nur als sicher gelten, wenn dies für das gesamte Staatsgebiet gelte.

Europarecht hat auch in Italien Vorrang vor nationalem Recht, das legt die italienische Verfassung fest. Aus dieser Bindung kann sich auch die Regierung Meloni nicht lösen, auch wenn ihr Justizminister suggerierte, die italienischen Richter hätten das komplexe EuGH-Urteil »weder verstanden noch gründlich gelesen«. Einen Ausweg aus dieser Sackgasse deutete der Präsident des Senats an, Ignazio La Russa, ein Parteifreund Melonis: Wir ändern einfach die Verfassung, um die Judikative an die Regierungsleine zu legen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal