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Zwei Egomanen haben sich gefunden

Der Milliardär macht mit Geld und Kulturkampferzählung Wahlkampf für den Republikaner

  • Julian Alexander Hitschler
  • Lesedauer: 5 Min.
Republikaner-Wahlkampf mit Trump und Musk
Republikaner-Wahlkampf mit Trump und Musk

Elon Musk ist in allererster Linie Fan von sich selbst. Doch seit einiger Zeit gilt seine Begeisterung auch Donald Trump. Mit Hingabe legt sich der Tesla-, SpaceX- und Twitter/X-Chef für den Kandidaten der Republikaner im Präsidentschaftswahlkampf ins Zeug – und setzt dafür auch Teile seines Milliardenvermögens ein.

Der Unternehmer hat zusammen mit anderen die Kampagnenorganisation America PAC gegründet und angekündigt, dieser etwa 70 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Diese ist formal unabhängig vom Trump-Wahlkampfapparat, um Regularien zu politischen Spenden zu umgehen. Der Oberste Gerichtshof hatte solche Konstruktionen in einem Fall aus dem Jahr 2010 für zulässig erklärt. Seither überschwemmen die undurchsichtigen PACs (Abkürzung für »politische Aktionskomitees«) US-amerikanische Wahlkämpfe mit Geld.

USA-Wahl

Die Wahlen am 5. November 2024 sind für die US-Bürger wie auch den Rest der Welt eine der wichtigsten Richtungsentscheidungen dieser Zeit. »nd« berichtet über die Stimmung und Probleme im Land, über Kandidaten und ihre Visionen. Alle Texte zur US-Wahl finden Sie hier.

Musk geht hierbei besonders weit: In Pennsylvania – einem der wohl wahlentscheidenden »Swing States«, in dem mal die eine, mal die andere Seite die Mehrheit erreicht – bot er für das Anwerben von Unterstützerinnen und Unterstützer einer America-PAC-Petition »für die Redefreiheit« zunächst 100 US-Dollar pro Person. Am vergangenen Wochenende kündigte er dann sogar an, bis zur Wahl jeden Tag unter den registrierten Wählerinnen und Wählern, die die Petition unterzeichnet haben, eine Million US-Dollar zu verlosen. So sollen in dem Bundesstaat im Nordosten der USA neue Wähler erreicht werden. Das Vorgehen ist umstritten. Wie am Mittwoch mehrere US-Medien berichteten, hat das Justizministerium in Washington eine Warnung an das America PAC geschickt, dass die Lotterie möglicherweise gegen ein Bundesgesetz verstößt, welches es verbietet, Menschen für die Registrierung zur Wahl zu bezahlen. Einige Juristen gehen davon aus, dass die Lotterie zivil- oder strafrechtlich belangt werden kann. Dies wäre aber wiederum Wasser auf die Mühlen von Musks großem Thema: der angeblich bedrohten Meinungsfreiheit, worum sich seine Erzählung vom Kulturkampf spinnt. Ähnlich begründete der aktuell reichste Mann der Welt seinerzeit auch den Kauf des sozialen Netzwerks Twitter, das er in X unbenannte. Die direkten Befugnisse des Staats sind hier sehr eingeschränkt, denn der erste Verfassungszusatz verbietet die Einschränkung der Redefreiheit. Dennoch haben soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook in der Vergangenheit mit der US-Regierung kooperiert, wenn es um die Moderation von Inhalten ging – auf freiwilliger Basis, wie immer wieder betont wird. Es ging dabei hauptsächlich um die Abwehr von angeblicher Einflussnahme aus dem Ausland.

Ob gerechtfertigt oder nicht, sind solche Kooperationen natürlich hochgradig intransparent. Das Beispiel illustriert daher, dass die tatsächliche Einschränkung von Meinungsäußerungen in den USA meist nicht durch staatliche Repression erfolgt – es ist eher die Privatwirtschaft, die die Freiheitsrechte von US-Amerikanerinnen und Amerikanern im Alltag beschneidet. Manche Unternehmen mischen sich zudem sehr umfangreich in das Privatleben ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein; der mangelhafte Kündigungsschutz sorgt oft für ein repressives Klima am Arbeitsplatz. Was die Auseinandersetzung in den sozialen Medien anbelangt, schürt Musk die Angst vor einem vermeintlichen woken Mob, der das Klima vergifte. Der Unternehmer präsentiert sich als prinzipientreuer Streiter für den offenen Austausch, bedient aber letztlich vor allem die antifeministischen, homo- und transphoben sowie rassistischen Ressentiments von allen, die wegen dieser Ansichten kritisiert werden – vielleicht noch mehr, als sie es aus vergangenen Jahrzehnten gewohnt sind.

Der »grüne Kapitalist« ist aus seiner Kapitalfraktion ausgeschert.

Allerdings wäre es ein Trugschluss anzunehmen, dass diese Einstellungen nur die Sache von »alten weißen Männern« sind. Auch bei vielen jüngeren Männern, und zwar unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit, verfängt diese Botschaft. Sie adressiert nämlich jene, die sich durch die Zumutungen einer in kulturellen Fragen egalitären Gesellschaft, die ökonomisch von extremer Ungleichheit geprägt ist, auf der Verliererseite sehen. Junge Männer aller Bevölkerungsgruppen sind in den USA inzwischen deutlich konservativer als ihre Altersgenossinnen, die Demokraten machen sich daher zunehmend Sorgen um diese Wählergruppe.

Musk hilft nun nach Kräften mit, Donald Trump quasi zum Erlöser von allem Woken hochzustilisieren. Die beiden Männer treten im Wahlkampf sogar gemeinsam auf. Musk befeuert auf X auch selbst eine apokalyptische Rhetorik über den angeblichen Untergang der US-Demokratie – im Falle einer Niederlage Trumps. Zwei Egomanen haben sich hier gefunden. Musk ist tatsächlich eine Ausnahmeerscheinung. Nicht so sehr aufgrund seiner Persönlichkeit, die recht einfach gestrickt ist, als vielmehr durch seine ambivalente Position innerhalb der politischen Ökonomie der USA. Musk ist weniger genialer Erfinder – diesen Job erledigen die Ingenieurinnen und Ingenieure bei Tesla, der Weltraumfirma SpaceX und anderer Unternehmen – als ein findiger Geschäftsmann. Als solcher weiß er, dass die US-Regierung der zuverlässigste und zahlungskräftigste Auftraggeber ist, den man sich wünschen kann. Musk hat durch Tesla Milliarden eingenommen – was ohne die großzügigen Aufbauhilfen und Subventionen der Obama-Regierung jedoch nie möglich gewesen wäre. Und auch SpaceX verdient in hohem Maße an Regierungsaufträgen. Doch obwohl seine Firmen von der Politik der Demokraten enorm profitieren, hat sich Musk dem konservativen Projekt voll verschrieben. Der »grüne Kapitalist« ist aus seiner Kapitalfraktion ausgeschert.

Aus einem materiellen Gesichtspunkt des Risikomanagements ist das vielleicht nicht einmal unklug: Der Milliardär profitiert so in jedem Fall vom Wahlausgang. Und dennoch bleibt der Eindruck, dass das kulturelle Ressentiment, auf welche diese Strategie aufbaut, tatsächlich genuin und authentisch Musk ist.

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