Brandstiftung in Eberswalde: Antirassist*innen fordern Aufklärung

Am 14. September brannte ein Wohnhaus in Eberswalde. Zwei Menschen, kamen dabei ums Leben. Gab es ein rassistisches Motiv?

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 4 Min.
Gedenken auf dem Eberswalder Marktplatz: Eine Frau und ein Kind kamen bei einem Hausbrand ums Leben.
Gedenken auf dem Eberswalder Marktplatz: Eine Frau und ein Kind kamen bei einem Hausbrand ums Leben.

»Altstadt-Döner« steht auf dem Schild. Doch die Tür ist verrammelt und davor steht ein Gerüst. Seit dem 14. September 2024 ist das große Gebäude in unmittelbarer Nähe zum Marktplatz von Eberswalde eine Brandruine. Das Großfeuer kostete eine Frau und ein Kind das Leben. Mehrere Bewohner*innen wurden schwer verletzt. Am 26. Oktober gedachten in unmittelbarer Nähe der Ruine knapp 30 Menschen den Toten. Sie sammelten sich an einem Gedenkort am Eberswalder Marktplatz. Dort waren Fotos der beiden durch das Feuer Getöteten aufgestellt. Daneben lagen Spielsachen. Drumherum brannten zahlreiche kleine Kerzen.

Vor diesem stillen Gedenken fand eine knapp einstündige Kundgebung mit zahlreichen Redebeiträgen statt. Es waren vor allem junge Menschen, die dort sprachen. Ein Redner der kommunistischen Jugendgruppe Young Struggle kritisierte, dass sechs Wochen nach dem Brand noch immer keine Ermittlungsergebnisse bekannt sind. »Wir werden keine Ruhe geben, bis es Ergebnisse gibt. Wir kommen wieder und stellen die Frage: Warum mussten die beiden Menschen sterben?«, sagte der junge Mann.

Er erinnerte daran, dass in dem Haus vorwiegend Menschen mit Migrationsgeschichte leben und es deshalb wichtig sei, zu fragen, ob rassistische Motive hinter der Brandstiftung steckten. »Denkt an den NSU – auch damals wurde von den Ermittlungsbehörden jeder rassistische Hintergrund der Taten zurückgewiesen«, sagte der Redner.

»Denkt an den NSU – auch damals wurde von den Ermittlungsbehörden jeder rassistische Hintergrund der Taten zurückgewiesen.«

Redner von Young Struggle

Er verweist darauf, dass auch damals Angehörige der getöteten Menschen die Polizei immer wieder aufgefordert hatten, im rechten Milieu zu ermitteln. 2006 hatten sie sogar unter dem Motto »Kein 10. Opfer« eine Demonstration in Kassel organisiert. Nach der Selbstenttarnung des NSU fünf Jahre später zeigte sich, wie recht sie hatten. Deshalb zieht der Redner auch für die Toten des Brandes in Eberswalde den Schluss: »Folgt dem migrantischen Wissen! Macht Druck auf Justiz und Polizei!« Eine Redner*in der Gruppe Pride Rebellion machte darauf aufmerksam, dass in den vergangenen Wochen mehrere Demonstrationen von LBGTQI*-Menschen von Neonazis bedroht wurden, darunter in Leipzig und Bautzen. Das sei ein Zeichen dafür, dass sich die extreme Rechte wieder verstärkt organisiere. Brandstiftungen wie in Eberswalde seien diesem Milieu durchaus zuzutrauen.

Nur wenige der Passant*innen, die sich an dem sonnigen Herbsttag auf dem Marktplatz von Eberswalde aufhielten, blieben stehen. »Leider war von der Kundgebung in der Stadt wenig bekannt. Ich habe davon über einen Telegram-Kanal aus Berlin erfahren«, sagt ein junger Mann dem »nd«, der aus der Hauptstadt zum Studium nach Eberswalde gezogen ist. Eine der Organisator*innen erklärte, dass mehrmals in der Stadt für die Kundgebung plakatiert worden sei. Doch die Plakate seien schnell wieder abgerissen worden. Spontane Zustimmung für die Kundgebung kam von einer jüngeren Frau mit Kind. »Ich finde es toll, dass ihr die Sache hier organisiert. Bliebt auf jeden Fall an der Sache dran«, sagte sie. Die jungen Organisator*innen versprachen, den Kampf um Aufklärung weiter zu unterstützen.

Die Pressestelle der zuständigen Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) erklärte auf Nachfrage gegenüber »nd«, dass die kriminaltechnischen Untersuchungen zur Brandursache weiterhin andauerten. Schriftliche Gutachten und auswertende Berichte würden hierzu nicht vorliegen. »Auch gibt es derzeit keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Tat aus fremdenfeindlicher, rassistischer, rechtsextremer Gesinnung heraus erfolgte. Andererseits kann dies jedoch derzeit – mangels anderweitiger Erkenntnisse – auch noch nicht ausgeschlossen werden«, sagte eine Sprecherin. Auf die Frage nach den Ergebnissen der Aufrufe der Eberswalder Polizei, dass sich über ein Internetportal Zeug*innen der Brandnacht melden sollen, teilt die Pressestelle mit, dass die Ermittler der Mordkommission in Eberswalde allen Hinweisen der Bevölkerung nachgingen. Aus ermittlungstaktischen Gründen wolle sie sich nicht detaillierter zu den Untersuchungsergebnissen äußern. Bis dahin bleibt es an den Antirassist*innen von Eberswalde, dass die Opfer der Brandnacht nicht in Vergessenheit geraten.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.