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Regierungsbildung in Thüringen: Mit Linken reden?
Am Montag oder Dienstag endet die selbst begrenzte Bedenkzeit der sondierenden Parteien CDU, BSW und SPD
Die Kompromisssuche zu den friedenspolitischen Forderungen von BSW-Parteichefin Sahra Wagenknecht blieb bisher erfolglos – nun steht das Projekt Brombeer-Koalition in Thüringen auf der Kippe. Über das Wochenende gaben sich die Landesspitzen von CDU, BSW und SPD Bedenkzeit. Sie soll am Montag oder Dienstag mit der Wiederaufnahme von Gesprächen enden, hieß es am Sonntag aus Verhandlungskreisen. »Die Chancen stehen 50:50«, sagte einer der Verhandler der Deutschen Presse-Agentur. Und: »Die Tür ist nicht zu.« Es würde ein neuer Kompromissvorschlag versucht.
Der Thüringer Ko-Vorsitzende der Wagenknecht-Partei, Steffen Schütz, sagte: »Klar ist es schwierig, aber es geht um Thüringen. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden.« Der Thüringer BSW-Vorstand und vor allem Wagenknecht hatten vor mehr als einer Woche die Einigung auf eine Friedensformel für die Präambel eines möglichen Koalitionsvertrages zur Bedingung für den Start von Koalitionsverhandlungen in Erfurt gemacht.
Wenig Hoffnung bei der SPD – mehr beim BSW
SPD-Chef Georg Maier sagte der dpa, angesichts des Streits über einen Friedens-Passus sehe er nur noch geringe Chancen für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Wagenknecht-Partei in Thüringen. »Ich habe kaum Hoffnung, dass wir noch zusammenkommen.« Er warf der BSW-Vorsitzenden Wagenknecht vor, sich mit immer neuen Forderungen in die eigentlich konstruktiv verlaufenden Gespräche in Thüringen einzumischen. »Es geht nicht, dass es eine Art letzte Instanz gibt, die dazwischen grätscht. So funktioniert Koalition nicht.« Maier verwies darauf, dass Wagenknecht als Politikerin bisher nur Oppositionserfahrung hat.
Maiers Vorwurf, Wagenknecht torpediere einen Kompromiss in Thüringen, wies der BSW-Landeschef zurück. »Es geht um das, wofür wir bei unseren Wählern im Wort stehen. Wir wollen nichts mit Brachialgewalt durchsetzen. Letztlich muss es einen Kompromiss geben, der eine stabile Regierung ermöglicht. Das ist unser Ziel«, sagte Schütz.
Nach seinen Angaben gibt es zwei Textentwürfe für den Friedens-Passus in der Präambel, einen von ihm und einen von CDU-Chef Mario Voigt. »Da steht viel drin, was geeint ist.« Zu einigen Passagen gebe es noch keine Einigkeit. »Ich habe nicht das Gefühl, dass es Spitz auf Knopf steht.« Aus Kreisen von CDU und SPD hieß es, Knackpunkt seien außenpolitische Maximalforderungen aus Berlin zu den Themen Raketenstationierung und Waffenlieferungen, die möglichst in den Koalitionsvertrag eines Bundeslandes sollen.
Wagenknecht, aber auch der Thüringer BSW-Vorstand setzen sich unter anderem für mehr Diplomatie zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine statt Waffenlieferungen ein. Thüringens SPD-Vorsitzender kann sich vorstellen, dass in eine Präambel eines Thüringer Koalitionsertrages zwischen CDU, BSW und SPD die unterschiedlichen Positionen der beteiligten Parteien zu Waffenlieferungen und -stationierungen aufgenommen werden sowie die Feststellung, dass sich alle drei Parteien für intensivere diplomatische Bemühungen für Frieden in der Ukraine einsetzen. Für die SPD komme aber nicht infrage, die Unterstützung für die Ukraine einzustellen, betonte Maier.
CDU-Zusammenarbeit mit der Linken als Alternative
Als einzige Alternative zu einer Koalition von CDU, BSW und SPD – für die es bereits erfolgreiche Sondierungsgespräche gab – gilt eine Minderheitsregierung der CDU gegebenenfalls mit der SPD. Sie hätte allerdings zusammen nur 29 von 88 Sitzen im Parlament. Sie müsste nicht nur mit der Wagenknecht-Partei, sondern auch mit der Linken in irgendeiner Weise zusammenarbeiten, um eine Mehrheit für Entscheidungen im Parlament zu bekommen. Stärkste Fraktion ist die AfD im Thüringer Landtag – erstmals bundesweit.
Nach Ansicht des Ex-Generalsekretärs der Bundes-CDU, Mario Czaja, rächt sich der Unvereinbarkeitsbeschluss der eigenen Partei mit der Linken jetzt in Thüringen. »Es ist ein großer Fehler, nicht mit der regierungserfahrenen und gemäßigteren Linken, der Linkspartei von Bodo Ramelow, zu sprechen und stattdessen mit der Person zu verhandeln, deren kommunistische Plattform in der Linken in der Vergangenheit vom Verfassungsschutz beobachtet wurde«, sagte der Bundestagsabgeordnete dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). CDU, Linke und SPD kommen allerdings nur auf 41 Sitze – vier fehlten zur Mehrheit – so viele wie bisher Ramelows rot-rot-grüner Regierung.
Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther äußerte sich positiv zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der Linken im Rahmen einer Minderheitsregierung. Eine solche habe es in Thüringen auch zuvor gegeben; die vom Linke-Politiker Bodo Ramelow geführte Regierung suchte dann mit der oppositionellen CDU-Landtagsfraktion immer wieder Kompromisse. »Und ich habe ja immer schon gesagt, dass man in einer solchen Situation nicht ausschließen sollte, auch mit der Linken Gespräche zu führen«, sagte Günther dem »Spiegel«. »Ich habe Bodo Ramelow als jemanden erlebt, mit dem man vertrauensvoll zusammenarbeiten kann. Warum sollte er nicht umgekehrt eine CDU-geführte Minderheitenregierung tolerieren?« dpa/nd
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