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Berliner S-Bahn-Ausschreibung wird Karnevalsnummer
Abgabetermin für verbindliche Angebote erneut verschoben: auf den 11. 11.
Karnevalsstimmung dürfte bei den Beteiligten des Vergabeverfahrens für den künftigen Betrieb von zwei Dritteln des Berliner S-Bahnnetzes nicht aufkommen, auch wenn der neue Termin für die Abgabe der verbindlichen Angebote das nahelegt: Nun sollen die Unterlagen der Bieter am 11. November vollständig eingereicht sein. Nicht um 11.11 Uhr, sondern um 12 Uhr endet die Frist, die nach mehreren Verlegungen zuletzt am 8. Oktober hätte enden sollen.
Diese Verlegung sei »auf Bitten der Bieter« erfolgt, heißt es von Petra Nelken, Sprecherin der Senatsverkehrsverwaltung. Das scheint eine eher mutige Interpretation des Sachverhalts zu sein. Denn aus gut informierten Kreisen ist zu vernehmen, dass zum ursprünglichen Termin weder alle Bieterfragen komplett beantwortet noch die vom Ausschreibenden zur Verfügung gestellten Angebotsunterlagen fehlerfrei waren.
Das äußerst komplexe Vergabeverfahren ist im August 2020 noch unter Rot-Rot-Grün gestartet worden. Mit ihm sollen Betreiber, Fahrzeuglieferanten und Fahrzeuginstandhalter für insgesamt zwölf S-Bahn-Linien gefunden werden – also für alle Linien, die das Berliner Zentrum in Ost-West- und Nord-Süd-Richtung kreuzen. Beim Start der Vergabe war eine erwartete Verfahrensdauer von zwei Jahren genannt worden. Die Betriebsaufnahme für die Linien durch den Nord-Süd-Tunnel hätte im Dezember 2027 sein sollen, drei Monate später hätte es auch auf den Ost-West-Linien über die Stadtbahn losgehen sollen.
Verkehrsstaatssekretär Johannes Wieczorek (CDU) berichtete kürzlich im Hauptausschuss, dass der Zuschlag den erfolgreichen Bietern Anfang 2025 erteilt werden soll. Im Teilnetz Stadtbahn soll demnach im September 2030 der Betrieb aufgenommen werden, zwei Monate später auf dem Teilnetz Nord-Süd.
Dem Vernehmen nach sind im Verhandlungsverfahren nicht mehr viele Bieter übrig geblieben. Nur vom Konsortium aus S-Bahn Berlin als Betreiber sowie Siemens und Stadler Rail als Fahrzeughersteller ist bekannt, dass es ein Gesamtangebot geben soll. Außerdem will noch der französische Bahntechnikkonzern Alstom Fahrzeuge anbieten; einen Betreiber für die Züge als Partner scheint er nicht mehr zu haben.
Der Konzern Alstom war es auch, der mit einem Rüge- und schließlich Klageverfahren den ganzen Prozess um mindestens zehn Monate, eher mehr, zurückwarf. In der über vierjährigen Laufzeit dürften allen Beteiligten des Vergabeverfahrens zusammengenommen Kosten mindestens im hohen zweistelligen, wenn nicht inzwischen schon im dreistelligen Millionenbereich entstanden sein. Eine Heerschar von höchstbezahlten Anwälten und sonstigen Spezialisten wird von allen Seiten in so einem Verfahren beschäftigt. Dazu kommen noch Kosten für die Planung und Entwicklung von Konzepten, den Fahrzeugen, Werkstattstandorten und deren Anbindung.
Die vorherige Terminverschiebung auf den 8. Oktober 2024 war vom Senat veranlasst worden. Die Bieter sollten weitere Finanzierungsoptionen für die mindestens 1400 Wagen starke Flotte erarbeiten. Hintergrund sind die Berliner Haushaltsnöte. Im Januar 2024 wurden die erwarteten Kosten für die Fahrzeuge auf 5,4 Milliarden Euro geschätzt, dazu kommen weitere Milliarden für den Betrieb über 15 Jahre.
Selbst wenn es irgendwann einen Zuschlag für einen Bieter geben sollte, droht danach ein weiteres langwieriges juristisches Verfahren. Die Vorsitzende Richterin Cornelia Holldorf gab bei der Verhandlung der Klage von Alstom im Februar 2024 deutliche Hinweise, dass es noch Punkte gebe, die nach Erteilung eines Zuschlags in einem neuen Prozess zu verhandeln sein könnten. Kern des Problems bei der Vergabe ist, dass der politische Kompromiss, den Grüne einerseits sowie SPD und Linke andererseits schlossen, um eigentlich unvereinbare Positionen zu einen, in der juristischen Realität des Verfahrens kaum umsetzbar sind.
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