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Vertagter Schutz der biologischen Vielfalt auf Konferenz in Cali
Abruptes Ende der Biodiversitätskonferenz in Cali, doch es gab auch Lichtblicke
Die UN-Biodiversitätskonferenz in der kolumbianischen Großstadt Cali endete mit einem Eklat: Nachdem die Konferenz bereits 14 Stunden länger gedauert hatte als geplant, beantragte Peru festzustellen, ob noch genügend Länder vertreten seien. Daraufhin ließ das Sekretariat der UN-Konvention für biologische Vielfalt nachzählen: Und tatsächlich, das Quorum war nicht mehr gegeben, und damit war die abschließende Plenarversammlung am Samstag nicht mehr beschlussfähig. Zu viele Delegierte von meist ärmeren Ländern hatten bereits die Rückreise angetreten, sodass weniger als die Hälfte der Länder noch vertreten war. Delegierte ärmerer Länder haben bei solchen Konferenzen stets das Problem, dass sie aus Kostengründen ihre Reisepläne nicht kurzfristig ändern können.
Damit konnte nicht mehr über die beiden wichtigsten Agendapunkte der Konferenz entschieden werden: die Finanzierung der Naturschutzziele und die Regeln zur Überwachung der Umsetzung. Bei der Finanzierung hatte sich aber bereits zuvor abgezeichnet, dass noch mehr Zeit nötig sein würde. Die kolumbianische Umweltministerin Susana Muhamad hatte als Konferenzleiterin einen Beschlussvorschlag vorgelegt, der die Schaffung eines neuen Fonds für den Artenschutz vorsah. Doch die EU, Kanada, Japan und die Schweiz lehnten dies rundheraus ab. Diese Länder argumentierten, dass die Finanzierung über die von drei UN-Organisationen gesteuerte Globale Umweltfazilität (GEF) beibehalten werden solle und durch die Schaffung eines neuen Fonds nur Zeit verloren gehe. Aus Sicht vieler Entwicklungsländer wird die GEF aber zu sehr durch die Industriestaaten dominiert, weswegen sie einen separaten Fonds fordern.
»Das Ziel, die Naturzerstörung bis 2030 aufzuhalten und sogar rückgängig zu machen, verbleibt nach dieser Konferenz noch in weiter Ferne.«
Florian Titze WWF
Nicht beschlossen wurden zudem die Regeln, mit denen die Umsetzung der globalen Artenschutzziele überwacht werden soll. Diese sehen unter anderem vor, dass die Länder 30 Prozent ihrer Land- und Wasserfläche spätestens bis zum Jahr 2030 unter Schutz stellen. Darauf hatten sich die Staaten vor zwei Jahren geeinigt, was als großer Erfolg galt. Bei der Konferenz in Cali sollte es nun eigentlich um die Umsetzung gehen. Die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte daher: »Ziele, die nur auf dem Papier stehen, bewirken noch keine Veränderung. Deshalb müssen wir hier ein Regelwerk mit messbaren, wissenschaftlichen Indikatoren verabschieden, mit dem wir die Fortschritte überprüfen und vergleichen können.« Doch auch dieses Regelwerk fiel dem mangelnden Quorum zum Opfer und kann nun frühestens bei der nächsten Biodiversitätskonferenz in zwei Jahren verabschiedet werden.
Solange das Treffen in Cali noch beschlussfähig war, konnte allerdings ein weiterer umstrittener Punkt geklärt werden: die Bezahlung für die Nutzung genetischer Ressourcen. Viele Medikamente, Kosmetika und andere Chemikalien beruhen auf Gensequenzen von Pflanzen und Tieren. Die Länder, aus denen diese Arten stammen und die zumeist dem globalen Süden angehören, sollen daher finanziell von deren Nutzung durch die Industrie profitieren. Dazu wird nun ein Fonds aufgesetzt, in den die Unternehmen einzahlen. Dies ist zwar »freiwillig«, aber es wird dennoch damit gerechnet, dass rund eine Milliarde Dollar pro Jahr zusammenkommen. Die Hälfte dieses Geldes soll indigenen Völkern zugutekommen. Diese konnten den zweiten großen Erfolg in Cali erzielen: Bereits zuvor war beschlossen worden, dass im Rahmen der UN-Konvention für biologische Vielfalt eine permanente Arbeitsgruppe zu den Belangen der Indigenen eingesetzt wird.
Die Länder einigten sich zudem auf eine bessere Verzahnung zwischen Arten- und Klimaschutz. Im Hinblick auf die bevorstehende UN-Klimakonferenz in Aserbaidschans Hauptstadt sagte Ministerin Muhamad: »Das ist eine wichtige Entscheidung. Wir wollen eine starke Botschaft nach Baku senden.« Um die Verabschiedung möglich zu machen, mussten allerdings gleich mehrere Absätze aus dieser Entscheidung gelöscht werden: »Geoengineering« wie etwa die Kühlung des Klimas durch Ausbringung von Schwefelpartikeln in der Atmosphäre wird nun nicht mehr erwähnt. Außerdem bleibt unerwähnt, dass der Verlust von Tier- und Pflanzenarten wegen der Klimaerwärmung eine Form von »Verlusten und Schäden« darstellt. Letzteres ist in den Klimaverhandlungen ein auch finanziell besonders umkämpftes Konzept. Aus diesem Grund war es einigen Ländern offensichtlich ein Anliegen, keine Vorfestlegungen im Rahmen der Cali-Konferenz zu machen.
Umweltverbände sprachen trotz einiger Fortschritte mit Blick auf das abrupte Ende der Cali-Konferenz von einer »Blamage«: »Das Ziel, die Naturzerstörung bis 2030 aufzuhalten und sogar rückgängig zu machen, verbleibt nach dieser Konferenz noch in weiter Ferne«, sagte WWF-Experte Florian Titze. Dies sei »ein trauriges Sinnbild für den Stand des globalen Biodiversitätserhalts«.
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