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Wie die Demokraten bei der US-Wahl das Internet verloren
Donald Trump hat in den sozialen Medien erfolgreich junge Männer umworben. Dabei halfen ihm rechte Blogger und Youtuber
»Sie konnten ihn nicht stoppen«, mit diesen Worten beginnt Dana White seine Lobeshymne auf den Sieger im jüngsten Präsidentschaftswahlkampf. Zuvor hatte Donald Trump den Chef der Kampfsportliga UFC auf die Bühne gebeten und seine Bewunderung für den Kampfsport ausgedrückt. White bedankt sich: Niemand verdiene den Sieg so wie Trump, sagt er und schickt noch eine Bemerkung hinterher. Er wolle »außerdem den Nelk Boys, Adin Ross, Theo Voss, Bussin with tha boys danken und vor allem dem allmächtigen Joe Rogan«. Hinter ihm verzieht sich Trumps Gesicht zu einem Grinsen, zustimmend nickt er bei der Erwähnung der rechten YouTuber und Streamer.
Trump weiß, dass er seinen Wahlsieg auch dem Milieu rechter Influencer zu verdanken hat. Während seines Wahlkampfs hatten er und sein Team die Strategie aufgegeben, die traditionellen Medien zu umgarnen. Stattdessen wurden mehreren Podcasts zum Teil lange Interviews gegeben. Gleich drei Stunden etwa saß Trump beim »allmächtigen« Joe Rogan vor dem Mikrofon. Der Stand-up-Comedian und Ex-Kampfsportler ist einer der erfolgreichsten Podcaster der Vereinigten Staaten. 46 Millionen Menschen sahen Trumps Interview mit Rogan, der zuvor lange Zeit für die Kampfsportliga UFC als Kommentator gearbeitet hatte. Besonders beliebt ist sein nicht immer politisch korrekter Podcast vor allem bei jungen Männern.
Trump, Football, Body-Building
Rogan, dessen politische Positionen man als gemischt und libertär bezeichnen kann, hatte zuvor auch Kamala Harris zu einem Interview eingeladen. Doch das kam nicht zustande. Offenbar wollte Harris’ Team dem glatzköpfigen Podcaster nur eine Stunde Interviewzeit zugestehen, und Rogan hätte zu ihr fliegen müssen. Letztlich wurde das Interview aufgrund eines »zu vollen Terminkalenders« abgesagt, sprich: Man wollte es nicht unbedingt. Tage später sprach Rogan eine offizielle Wahlempfehlung für Donald Trump aus. Trump dagegen lud die Nelk Boys, die in den Vorjahren mit Prank- und Party-Videos bekannt geworden waren, in sein Flugzeug ein, witzelte mit dem Comedian Theo Voss über Kokain und umgarnte die Bro-Follower des sonst relativ unpolitischen Barstool Podcasts »Bussin with tha boys« mit Football- und Body-Building-Talk.
Trumps Bemühungen hatten Erfolg: Bei der Wahl gewann er laut Nachwahlbefragungen rund 47 Prozent der Stimmen der jungen Männer unter 29 Jahren – ein Plus von rund 30 Prozentpunkten gegenüber 2020. Junge Frauen dagegen wählten eher Harris, die insgesamt auf breiter Front Zustimmung verlor. In den Vorjahren hatten gerade junge Amerikaner – Millenials unter 45 Jahren und die noch jüngere Gen-Z – deutlich zu den Demokraten tendiert. In der jüngsten Wahl dagegen verloren die Demokraten insbesondere unter den eher unpolitischen jungen Männern – genau das Milieu, das Rogan und andere Podcaster erreichen.
Die Wahlen am 5. November 2024 waren für die US-Bürger wie auch den Rest der Welt eine wichtige Richtungsentscheidung. Alle Texte des »nd« über die Stimmung und Probleme im Land, über Kandidaten und ihre Visionen sowie über den Ausgang der US-Wahl finden Sie hier.
Während Donald Trump in den letzten Wochen vor der Wahl neben seinen Wahlkampfveranstaltungen auch durch populäre, rechtsoffene Podcasts der Nation tingelte, setzte Kamala Harris die Medienstrategie des Noch-Präsidenten Joe Biden in ihrem Wahlkampf fort. Diese Strategie war risikoscheu. Man ließ die Kandidatin möglichst nur in einem sehr kontrolliertem Umfeld auftreten und sprechen, um Patzer zu vermeiden und der Gegenseite keine verwertbaren Zitate oder Soundbites für sogenannte »attack ads« zu liefern. Selbst die Demokraten-nahe »New York Times« kritisierte lautstark, Harris lasse keine Interviews mit kritischen Fragen zu.
Das tat sie zwar später in begrenztem Umfang, doch insgesamt setzte die Harris-Maschine auf ein traditionelles Konzept: Wahlkampfveranstaltungen und bezahlte Fernsehanzeigen. Das funktionierte auch, aber nur begrenzt: Während landesweit die Wählerschaft im Vergleich zu 2020 rund sechs Prozentpunkte in Richtung Trump schwang, tat sie es laut MIT-Politikwissenschaftler Otis Reid in den sieben Swing States, wo Harris’ Kampagne massiv mit Anzeigen präsent war, nur zu drei Prozentpunkten. Die Trump-Kampagne war schlicht besser darin, wenig politikinteressierte Wähler zu erreichen, besonders in den subkulturellen Nischen des Internets.
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In diesen Nischen haben die Demokraten schon seit Jahren einen Nachteil, dort haben rechte Financiers eine Medien-Influencer-Szene gefördert, die kein ausreichendes Demokraten-nahes subkulturelles Gegenstück hat. Laut dem Demokraten-Influencer Will Stancil ist das »die einfachste Erklärung für das Wahlergebnis«: Das knappe Ergebnis des Jahres 2020 wurde leicht nach rechts verschoben durch die Unzufriedenheit mit der regierenden Partei – und diese Unzufriedenheit wurde wiederum geschürt in den sozialen Medien, vor allem unter den Menschen, die weniger von traditionellen Medien erreicht werden. Die Demokraten hätten »der anderen Seite erlaubt, das Internet zu dominieren«, klagt Stancil immer wieder. Dies gilt vor allem für bestimmte Bereiche des Internets: »Wenn du ein Typ unter 30 bist und deine Hobbies sind Computerspiele, Fitness oder sagen wir Geschichts-Podcasts, dann sind diese Online-Räume komplett dominiert von rechten Ansichten«, warnte der Demokraten-nahe türkisch-amerikanische Twitch-Streamer Hasan Abi/Piker die Demokraten vor der Wahl.
Die Demokraten suchen nun nach neuen Wegen. Die einen, wie Demokraten-Abgeordneter Ro Khanna, meinen, man müsse auch Influencern wie Rogan Interviews geben. »Ich würde dem entgegnen, das wir unseren eigenen Joe Rogan schaffen müssen«, antwortete der Demokraten-nahe Journalist Nick Fields.
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