Warten auf die »energetische Revolution«

Schon 2005 blies Fidel Castro persönlich zu einer Revolution regenerativer Energieträger. Doch sie spielen in Kuba bis heute keine große Rolle

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 4 Min.
Menschen fahren an einem der Generatorschiffe im kubanischen Hafen vorbei. Es liefert nach dem Stromausfall und Hurrikan «Milton» zusätzlichen Strom.
Menschen fahren an einem der Generatorschiffe im kubanischen Hafen vorbei. Es liefert nach dem Stromausfall und Hurrikan «Milton» zusätzlichen Strom.

Die Rotorblätter drehen sich im lauen Wind in der Bucht von Gibara. Zwei Windparks, einer aus chinesischer, der andere aus spanischer Produktion, sorgen ganz im Osten Kubas, rund vierzig Kilometer entfernt von Holguín, für nachhaltige Energie. Davon profitiert die Kleinstadt, die reichlich touristisches Potenzial hat. Dieses dürfte ein Grund sein, weshalb hier 2008 der erste von zwei Windparks errichtet wurde und ans Netz ging.

Vor allem an der Küste und auf der Insel der Jugend könnten Windparks die Erdöl-Kraftwerke des Landes entlasten, schrieben Experten von Cubaenergía, einem staatlichen Forschungsinstitut für nachhaltige Energieträger, bereits 2005. In dem Jahr beschloss die Regierung des damaligen Präsidenten Fidel Castro, Energie einzusparen. Kühlschränke, Waschmaschinen und andere Haushaltsgeräte wurden dank großzügiger Kreditprogramme des Staates 2006 ausgetauscht. In einem zweiten Schritt sollte auch die Strom-Infrastruktur der Insel umgewandelt werden.

Ziel war es, die großen Kraftwerke durch kleine, dezentrale Generatoren-Parks, die sogenannten grupos electrógenos, zu entlasten und endlich die Stromabschaltungen zu beenden. Das hat zwar funktioniert, allerdings laufen die grupos electrógenos mit Diesel oder mit Erdöl. Den damals ebenfalls anvisierten Ausbau regenerativer Energieträger schob die politische Führung letztlich auf die lange Bank. So stieg die Zahl der Windparks trotz relativ positiver Ergebnisse in Gibara bis 2018 nur auf vier.

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Große Photovoltaikparks gab es lange Jahre gar nicht auf der Insel, obwohl Kuba lange Zeit Solarpanels in der Nähe von Pinar del Río in einer kleinen Fabrik für den Export montierte. Trotzdem ging der erste Solarpark in der Region von Bayamo erst 2022 ans Netz.

Veraltete Erdöl-Kraftwerke fallen Regierung auf die Füße

Diese Versäumnisse fallen der Regierung in Havanna derzeit auf die Füße. »Die großen Erdöl-Kraftwerke sind dreißig Jahre alt und älter, haben ihre Nutzungsdauer meist überschritten«, so Omar Everleny Pérez, Ökonom aus Havanna. Zu lange habe die Regierung aufs falsche Pferd gesetzt, ihre Investitionen auf den Tourismus konzentriert, statt große Arbeitgeber wie die Zuckerindustrie zu modernisieren.

Dort steckt auch ein erhebliches energetisches Potenzial, denn aus der anfallenden Biomasse, dem Zuckerstroh und den ausgepressten Halmen lässt sich Energie gewinnen. Das hat das kubanische Institut für Zuckerderivate schon in den 1990er Jahren aufgezeigt. Doch das erste Kraftwerk auf Basis von Bagazo (Zuckerrohrhalmen) wurde erst im Januar 2023 in der Zuckerfabrik Ciro Redondo in der Provinz Ciego de Ávila mit einer Kapazität von 60 Megawatt eingeweiht. Fünf weitere derartige Anlagen sind zwar geplant, aber die Talfahrt der Zuckerindustrie, die in diesem Jahr kaum mehr als 250 000 Tonnen produzierte, lässt Zweifel aufkommen, ob das realistisch ist.

Immerhin macht Kuba bei der Nutzung der Photovoltaik langsam Fortschritte. Bis 2028 sollen, so die offizielle Planung, 2000 Megawatt durch Solarparks generiert werden. 26 Solarparks seien derzeit im Bau, so Alfredo López Valdés, Direktor der Unión Eléctrica, dem staatlichen Versorger auf der Insel. Sie sollten den Anteil von regenerativen Energien von derzeit etwa fünf Prozent auf bis zu 37 Prozent steigern. Das wäre ein Mega-Erfolg für die Insel und ihre Bevölkerung, die seit Jahren aufgrund von veralteter Technik, Havarien und fehlendem Erdöl immer wieder im Dunkeln sitzt.

Mehr Investitionen in produktive Infrastruktur – wie Zuckerrohr

»Zwölf und mehr Stunden dauern die Stromabschaltungen in den Provinzen. Das ist dramatisch«, kritisiert Omar Everleny Pérez. Er attestiert der Regierung in Havanna, die ohnehin knappen Investitionen falsch kanalisiert zu haben. »Das Gros der Gelder ist in den Tourismus geflossen, für den Bau von Hotels, die heute leer stehen«, so auch sein Kollege Juan Triana. Dieser plädiert deshalb für Korrekturen: »Wir brauchen mehr Investitionen in die produktive Infrastruktur, in den Zuckersektor, die Landwirtschaft, den Straßen-, aber auch in den Kraftwerksbau.« Dezentral, nachhaltig und effektiv, so wie es die Experten von Cubaenergía schon 2005 vorschlugen.

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