Sachsens Linke will Kretschmer kommen lassen

Genossen bieten Hilfe bei Etat an. Neuwahl der Landeschefs wegen Politik-Krise verschoben

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.
Susanne Schaper und Stefan Hartmann haben ihren Rückzug als Landeschefs der sächsischen Linken verschoben.
Susanne Schaper und Stefan Hartmann haben ihren Rückzug als Landeschefs der sächsischen Linken verschoben.

Der brisante Antrag trägt eine bemerkenswert nichtssagende Überschrift. »Klarstellung zur Nachwahl von Organen der Landespartei« ist das Papier überschrieben, über das die Delegierten eines Parteitags der sächsischen Linken am Samstag direkt nach dem Morgenkaffee abstimmen. Der langjährige Fraktionschef Rico Gebhardt, die drei Bundestagsabgeordneten Clara Bünger, Caren Lay und Sören Pellmann sowie ein Kommunalpolitiker fordern darin, am Nachmittag lediglich eine gleichstellungspolitische Sprecherin zu wählen. Allenfalls indirekt geht aus dem Antrag hervor, was nicht stattfinden soll: eine Neuwahl der Landeschefs.

Die war eigentlich geplant. Die Amtsinhaber Susanne Schaper und Stefan Hartmann, die den Landesverband seit 2019 führen, wollen sich auf die Führung der Fraktion im Landtag konzentrieren, die mit der Landtagswahl vom 1. September auf lediglich sechs Abgeordnete geschrumpft ist. Je zwei Genossinnen und Genossen bewarben sich um die Nachfolge und begründen im vorliegenden Antragsheft ihre Ambitionen. Als aber der Wechsel geplant wurde, sagt Hartmann, »da hätten wir uns den 6. November noch nicht ausdenken können«.

Am Mittwoch vergangener Woche gab es drei politische Erdbeben. In den USA wurde Donald Trump erneut zum Präsidenten gewählt, in Sachsen platzten die Gespräche über eine Koalition von CDU, SPD und BSW und in Berlin scheiterte die Ampel. Nun steckt der Freistaat in einer politischen Krise und die Bundesrepublik steht vor schnellen Neuwahlen zum Bundestag. In dieser Situation sei man sich in der Landespartei schnell einig geworden, dass es nicht der richtige Zeitpunkt für einen Führungswechsel ist. »Als Landesvorsitzender muss man zwar kein Albert Einstein sein«, sagt Hartmann, »aber zwei, drei Monate Zeit zum Einarbeiten braucht man schon.«

»Als Landesvorsitzender muss man zwar kein Albert Einstein sein, aber zwei, drei Monate Zeit zum Einarbeiten braucht man.«

Stefan Hartmann Landeschef Linke

Die gibt es absehbar nicht. Der Landesverband muss unmittelbar in einen Wahlkampf für den Bundestag starten, der für die Linke existenziell wird. Um den Wiedereinzug zu sichern, will Sören Pellmann in Leipzig sein Direktmandat verteidigen. Dafür werde man ebenso »mit aller Kraft kämpfen« wie für ein gutes Ergebnis bei den Zweitstimmen, sagt Schaper. Für den Wahlkampf sehe man sich zwar »gut aufgestellt«, es gebe aber auch »eine gewisse Zeitnot«. Noch vor Weihnachten sollen 16 Direktkandidaten aufgestellt, am 10./11. Januar eine Landesliste gewählt werden, nach Wunsch der Landeschefs mit Pellmann an der Spitze. Die Probleme begännen schon damit, kurzfristig geeignete Räume für Wahlversammlungen zu finden, sagt Landesgeschäftsführer Lars Kleba. »Generell«, fügt er hinzu, »kenne ich keinen, der scharf ist auf Winterwahlkampf.«

Eine nicht unwichtige Rolle könnte der Linken auch bei der Wahl eines Ministerpräsidenten und politischen Entscheidungen wie dem Beschluss eines Landeshaushalts zukommen. Nach dem Scheitern der sogenannten Brombeer-Koalition unter Einschluss des BSW steuert Sachsen auf eine Minderheitsregierung aus CDU und SPD zu. Am Donnerstag wollen beide Parteien entscheiden, ob sie in Gespräche darüber eintreten. Einer solchen Koalition würden allerdings zehn Stimmen zur Mehrheit im Landtag fehlen, die sie sich bei anderen Fraktionen organisieren müsste.

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Die Linke ist prinzipiell zur Kooperation bereit. »Wir sind die verantwortungsvolle Opposition«, sagt Schaper. So sei man bereit, dafür Sorge zu tragen, dass ein Haushalt beschlossen wird: »Es muss sichergestellt werden, dass die notwendigen Mittel für soziale, kulturelle und bauliche Infrastruktur da sind.« Die Linke werde besonderes Augenmerk auf die soziale Daseinsvorsorge, etwa Krankenhäuser, richten: »Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt.«

Welche Prämissen für die Partei in etwaigen Gesprächen gelten, soll ein dringlicher Antrag klären, mit dem auf dem Parteitag »rote Linien« definiert werden. Man wolle »handlungsfähig in Gespräche gehen, die stattfinden werden – oder auch nicht«, sagt Schaper, die klarstellt, ein Angebot dazu werde nicht von ihrer Partei kommen. In Anspielung auf eine Unterredung zwischen Ministerpräsident Michael Kretschmer und AfD-Landeschef Jörg Urban, die vergangene Woche stattfand, nachdem letzterer darum gebeten hatte, sagte die Linke-Frontfrau: »Die CDU müsste schon kommen.«

Noch offen ist, ob von der Linken gegebenenfalls auch Stimmen für die Wahl Kretschmers zum Ministerpräsidenten kommen. »Darüber reden wir, wenn das Thema ansteht«, sagt Schaper. Die Wahl muss laut sächsischer Verfassung bis spätestens 3. Februar stattfinden und gelingen, ansonsten gibt es auch im Freistaat Neuwahlen. Auf jeden Fall werde es Zustimmung von der Linken »nicht bedingungslos« geben, betont Schaper. Eine Bedingung nennt sie bereits: Kretschmer dürfe nicht gleichzeitig auf Stimmen der AfD setzen.

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