- Berlin
- Tram-Ausbau in Berlin
Trotz CDU-Widerstand in Mahlsdorf: Straßenbahn kommt wie geplant
Verkehrssenatorin macht Bildungssenatorin deutlich, dass sie die Verkehrslösung Mahlsdorf durchziehen will
Vielleicht muss Mario Czaja tatsächlich zu Hause bleiben, weil seine Tochter kurzfristig krank geworden ist. Vielleicht wollte der Marzahn-Hellersdorfer CDU-Bundestagsabgeordnete sich auch einfach die Blamage ersparen. Jedenfalls ist er diesen Dienstagabend nicht in der Oberschule in Mahlsdorf.
Katharina Günther-Wünsch, Berliner Bildungssenatorin und örtliche CDU-Wahlkreisabgeordnete des Abgeordnetenhauses überbringt die Nachricht dem Publikum in der nur mäßig besetzten Aula und entschuldigt sich auch noch für die kleine Verspätung ihrer Parteifreundin, der Verkehrssenatorin Ute Bonde.
Es soll bei diesem »Kiezmacher-Dialog« zum wiederholten Male um die sogenannte Verkehrslösung Mahlsdorf gehen. Laut Senatsplanung soll in der örtlichen Hauptstraße, der Hönower Straße, künftig nur noch die Straßenbahn verbleiben, dafür aber zweigleisig ausgebaut werden und dann alle 10 statt derzeit alle 20 Minuten fahren. Der Autoverkehr – bis zu 16 000 Fahrzeuge täglich – soll in die parallele und dafür auszubauende Straße An der Schule verlegt werden.
Die örtliche CDU wünscht es sich andersherum, angeblich aus Sorge um die Schulkinder der Oberschule, aber auch der Anwohnenden in der derzeitigen Seitenstraße. Auch die örtliche SPD ist inzwischen dieser Meinung. Aufhorchen ließ die Einladung zu der Runde, in der es hieß, dass sich Verkehrssenatorin Bonde »nun diesen Planungen und unseren Vorstellungen angenommen« habe.
nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.
Es habe »unter den Anwohnern, unter den Mahlsdorfern und den Menschen, die hier tagtäglich langfahren, eine sehr klare Präferenz« gegeben, bekräftigt Bildungssenatorin Günther-Wünsch zum Auftakt der Runde noch einmal die lokale Position. Die Verkehrsverwaltung habe »eine andere Entscheidung getroffen, weit vor deiner Zeit, unter grüner Führung noch«, sagt sie zu ihrer Parteifreundin.
»Ich möchte mir ein Bild verschaffen über den Sachverhalt, über das, was Sie bewegt, was Sie umtreibt«, begründet Bonde ihr Kommen. Doch viel mehr scheinen die Anwesenden von der Verkehrssenatorin nicht erwarten zu können. Schnell kommt sie auf die »Zwänge« zu sprechen. Das Planfeststellungsverfahren für die Straße laufe bereits, das für die Straßenbahn werde demnächst eröffnet, erläutert sie.
»Kosten sind schon entstanden. Es sind Machbarkeitsstudien durchgeführt worden. Es sind Variantenprüfungen durchgeführt worden«, führt Bonde weiter aus. Und dass die BVG bei einer Führung auf dem längeren Weg über die Straße An der Schule eine zusätzliche Straßenbahn und mehr Fahrpersonal bräuchte.
Immer wieder insistiert Katharina Günther-Wünsch, »was die Stimmungslage hier vor Ort« ist, dass »die Anwohner hier deutlich sind«, dass es im Bezirk einen gemeinsamen Antrag dazu gebe.
Bonde verzieht dabei immer wieder das Gesicht, wird nun immer deutlicher in ihren Aussagen. Es seien schon Aussagen getroffen worden, welche Variante die verkehrlich sinnvollste sei, was auch »mit in das Planfeststellungsverfahren eingegangen« sei. »Und diese Fakten, diese Tatsachen, lassen sich nicht per se einfach mal wieder zurückdrehen, sondern die sind in der Welt, die sind Aktenlage«, so die Senatorin. Vor sechs Jahren, als die Entscheidungen fielen, hätte das noch ein bisschen anders ausgesehen, kann sie wenigstens ein bisschen auf die Grünen zeigen. Sie weist auch darauf hin, dass die Wasserrohre unter der Hönower Straße dringend getauscht werden müssen und auch die Tramgleise – »auch deren Leben ist endlich«.
Die Anwesenden haben verstanden. »Ich fühle mich hier in einer Alibi-Versammlung. Es ist offensichtlich alles schon festgelegt«, macht sich eine Anwohnerin Luft.
Man habe das Treffen veranstaltet, »weil die Nachfragen so massiv waren bei uns im Bürgerbüro«, sagt Günther-Wünsch. Sie verweist noch auf den von der CDU-Abgeordnetenhausfraktion formulierten Antrag, der eine erneute Prüfung des Gesamtprojekts verlangt. Doch bisher hat die SPD im Abgeordnetenhaus keine Bereitschaft erkennen lassen, den Antrag zu unterstützen. Somit hat er in der Koalition keine Chance auf Befassung. Einem Thema, mit dem sich die Bezirks-CDU jahrelang zu profilieren suchte, ist die Luft ausgegangen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.