Kontroverse um Haldenwangs Bundestagskandidatur

Wuppertaler CDU überrascht mit Kandidatur des Verfassungschutzchefs

Thomas Haldenwang hat sein Amt als Verfassungsschutzchef schon niedergelegt.
Thomas Haldenwang hat sein Amt als Verfassungsschutzchef schon niedergelegt.

Die Meldung löste am Dienstagnachmittag viel Aufregung aus. Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, will für die CDU in den Bundestag, hieß es. Schnell überschlugen sich die Spekulationen über den spektakulären Jobwechsel und Haldenwangs Schritt wurde kritisiert. Ganz vorne bei den Kritiker*innen, Akteur*innen der extremen Rechten und der AfD. Björn Höcke pöbelte als einer der Ersten. Mit der »Neutralitätspflicht« habe Haldenwang es ja eh nie so gehabt, und jetzt handele der Verfassungsschutzchef wohl nach der Devise »Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert«. Viele Nicht-Rechte äußerten im Netz oder in Medienkommentaren die Sorge vor eben genau solchen Kommentaren wie dem von Höcke. Der »Stern« bezeichnete Haldenwang in einem Kommentar als »AfD-Mitarbeiter des Monats«. Der Tenor der Kritik, Haldenwangs Wechsel stärke die Erzählungen der AfD, der Eindruck entstünde, er bekämpfe die AfD nur, um einen Wettbewerber bei Wahlen zu schwächen. Haldenwang beschädige das Vertrauen in das politische System. Und sowieso müsse die CDU sich die Frage gefallen lassen, wie sie auf diese Idee gekommen sei.

Nun war es wohl nicht die CDU, die sich ausgedacht hat, Haldenwang aufzustellen, sondern nur deren Wuppertaler Kreisvorsitzender, Johannes Slawig. Im Gespräch mit »nd« erklärt er, dass der Wahlantritt Haldenwangs weder mit der Bundes- noch mit der Landespartei abgesprochen worden sei. Er habe das Gespräch mit Haldenwang gesucht. Die Idee dahinter, einen guten Kandidaten für die Stadt ins Rennen zu schicken. Viel mehr als den Wahlkampf dürfte Thomas Haldenwang auch nicht bestreiten. Er tritt als Direktkandidat im Wahlkreis Wuppertal 1 an. Ein CDU-Kandidat hat dort 1961 zum letzten Mal das Mandat errungen. Seitdem ging es jedesmal an die SPD. 2021 gewann Helge Lindh mit 54 000 Stimmen. Die CDU-Kandidatin wählten 32 000 Menschen. Es wäre also eine ziemliche Überraschung, wenn Thomas Haldenwang über diesen Weg in den Bundestag einziehen würde. Offiziell soll Haldenwang am 30. November aufgestellt werden.

Konsequenzen hat Haldenwangs Antritt trotzdem. Am Mittwoch erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Innenausschuss des Bundestags, dass der Verfassungsschutzpräsident seine Amtsgeschäfte niedergelegt habe. Eigentlich wollte Haldenwang zum Jahresende gehen. Aus gesundheitlichen Gründen, wie es in Berichten heißt. Der Verfassungsschutz wird jetzt von den bisherigen Vizepräsident*innen Sinan Selen und Silke Willems geführt. Ob Nancy Faeser noch vor den Wahlen eine neue Führung für den Verfassungsschutz bestimmt, blieb zunächst unklar.

Welche Auswirkungen Haldenwangs politische Ambitionen auf ein mögliches AfD-Verbotsverfahren haben, bleibt auch abzuwarten. Am Mittwoch hat die Gruppe um den CDU-Abgeordneten Marco Wanderwitz ihren Antrag auf ein AfD-Verbot in den Bundestag eingebracht. 113 Abgeordnete unterstützen das Anliegen. Im Dezember könnte noch darüber abgestimmt werden. Allerdings äußern Jurist*innen Zweifel, ob ein AfD-Verbotsverfahren so kurz vor den Bundestagswahlen zulässig ist. Die AfD könnte wegen Benachteiligung bei der Wahl klagen. Auch eine Hochstufung der AfD durch den Verfassungsschutz gilt deswegen vor der Wahl als höchst unwahrscheinlich.

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