Berlin-Mitte: Der Gipfel des Müllbergs

Der Bezirk Mitte will das Problem der Vermüllung zusammen mit der Zivilgesellschaft lösen

Alle machen mit: Müllberge fangen oft klein an und verselbstständigen sich dann, weil immer mehr Menschen etwas dazustellen.
Alle machen mit: Müllberge fangen oft klein an und verselbstständigen sich dann, weil immer mehr Menschen etwas dazustellen.

Ein überquellender Mülleimer, rundherum Berge an alten Verpackungen. Leere Einweg-Becher und -Teller, Servietten und Plastiktüten auf einer Parkbank. Gammelige Matratzen, Polstermöbelteile und Elektrogeräte an jedem Baum in der Straße. Diese Bilder kennen vermutlich alle Berliner*innen, wenn es auch in den besonders dicht bewohnten Ecken der Stadt oft zu einer Ballung an Müll kommt. Weil in Mitte viele Anwohner*innen über die Vermüllung klagen, besprechen Verantwortliche und Zivilgesellschaft auf einem Müllgipfel im Ortsteil Gesundbrunnen über Probleme und Lösungen, ausgerichtet vom dort ansässigen Müll-Museum Soldiner Kiez.

»Wir sind als Bezirk verzweifelt«, sagt Stefanie Remlinger (Grüne), Bezirksbürgermeisterin von Mitte, zum Start des Müllgipfels. Von allen Beschwerden, die sie von Anwohner*innen erhalte, handelten 80 Prozent von Müll, Verschmutzung und Vandalismus. Doch die Pflege der Grünflächen sei nicht mit genügend Ressourcen ausgestattet, um das Problem in den Griff zu bekommen. »Man versucht, was man kann, aber es reicht einfach nicht aus.«

Auf dem Gipfel am Mittwoch und Donnerstag will der Bezirk zusammen mit seinen Bürger*innen beraten und Lösungsansätze erarbeiten. Dazu wurde schon im Vorfeld eine Umfrage durchgeführt, an der 282 Mitte-Bürger*innen, zu einem Großteil aus dem Soldiner Kiez, teilgenommen haben. Die Ergebnisse stellt Dea Thiedemann vor. Im öffentlichen Raum stört die Anwohner*innen vor allem der Verpackungsmüll, dicht gefolgt vom Sperr- und Elektromüll, sagt sie. »Das kennt man: Wenn einmal ein kaputter Fernseher dasteht, dann kommt ganz schnell auch der zweite dazu.«

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Über die Hälfte der Befragten gab an, ein Problem mit dem Hausmüll zu haben. 113 Anwohner*innen beklagten zu wenige Mülltonnen in ihren Häusern, 52 Menschen störten sich an im Haus und im Hof abgestelltem Sperrmüll. Fast alle Befragten wünschen sich deshalb mehr und größere Mülltonnen und dass im öffentlichen Raum öfter aufgeräumt wird. Es sollte mehr Tage geben, an denen der Sperrmüll vor Ort abgeholt wird. »Viele Menschen haben nicht die Möglichkeit, den Sperrmüll selbst wegzufahren. Viele haben gar kein Auto«, sagt Thiedemann.

Dass dem Wunsch der Berliner*innen nach mehr Personal zur Reinigung der Stadt entsprochen wird, scheint angesichts der aktuellen Haushaltskrise unwahrscheinlich. Zumindest lässt sich das aus einem konkreten Fallbeispiel schließen, das auf dem Gipfel thematisiert wird: Lothar und Mike arbeiten als Reinigungskräfte im Rahmen einer Jobcenter-Maßnahme bei der Organisation Schildkröte im Humboldthain und in anderen Parks. Jeden Morgen sammeln sie im Winter ab 7 Uhr und im Sommer ab 6 Uhr den Müll ein, der sich dort am Vortag und in der Nacht angesammelt hat.

»Wir haben Touren, die jeden Morgen neu vermüllt sind und die wirklich jeden Tag gereinigt werden müssen.«

Lothar Reinigungskraft in Parks in Mitte

»Wir haben Touren, die jeden Morgen neu vermüllt sind und die wirklich jeden Tag gereinigt werden müssen«, sagt Lothar. Ihre Maßnahme läuft allerdings nur zwei Jahre lang. Sie wollten sich auf eine feste Anstellung für die Reinigung der Grünflächen bewerben. Doch aufgrund der Haushaltskrise sind die Ausschreibungen wieder zurückgezogen worden. »Es braucht noch deutlich mehr Leute zum Aufräumen, wir sind zu wenige und es kommen auch keine nach«, sagt Lothar.

Die vom Land Berlin ins Leben gerufene Zero-Waste-Agentur machte sich zur Aufgabe, zur Abfallvermeidung in der Stadt beizutragen. Sie veranstaltet aktuell die Zero-Waste-Aktionswochen. Durch eine berlinweite Telefonumfrage mit 1000 Teilnehmenden hat die Agentur erhoben, inwieweit die Stadtbewohner*innen selbst Ressourcen schonen und Abfall vermeiden. Im Bezirk Mitte haben dabei 51 Prozent der Befragten angegeben, dass sie noch nie Mehrweg-Geschirr im To-go-Bereich genutzt haben – also etwa wiederverwertbare Kaffee-becher oder Schüsseln. 70 Prozent geben außerdem an, noch nie etwas gebraucht gekauft zu haben. Das sind zwei Bereiche, die im Bezirk noch deutlich ausgebaut werden könnten, etwa mit der Schaffung entsprechender Infrastruktur oder mit stärkerer Kommunikation, sagt Susanne Fischer von der Agentur.

Beim Gipfel sollen sich unterschiedliche Arbeitsgruppen weiter mit Lösungsvorschlägen beschäftigen. Die Ergebnisse werden am Donnerstagnachmittag im Müll-Museum Soldiner Kiez vorgestellt.

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