Wildes US-Regierungskabinett

Der vormalige Trump-Rivale Marco Rubio wird wohl neuer Außenminister

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 5 Min.
US-Senator Marco Rubio (rechts) bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump.
US-Senator Marco Rubio (rechts) bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump.

Wie wird man Verteidigungsminister der größten Militärmacht der Welt? Ganz einfach, man heuert als Moderator beim rechtskonservativen Fernsender Fox News an, wettert gegen Linke und Migranten, bedient die politischen Ideen eines Donald Trump. Der 44-jährige Harvard-Absolvent Pete Hegseth soll das US-Militär führen. Politische Erfahrung? Fehlanzeige. Expertise für den Posten als Verteidigungsminister? Hegseth war im illegalen Gefangenenlager Guantánamo im Einsatz, diente als Infanterie-Offizier der Nationalgarde bei Einsätzen in Afghanistan und dem Irak.

Trump weiß also, was er an ihm hat und lobte Hegseth als »zähen, klugen und überzeugten Anhänger von America First«. Sein Buch »The War on Warriors« (deutsch: Der Krieg gegen Krieger) gefiel Trump besonders. Hegseth verdeutliche darin »den Verrat der Linken an unseren Kriegern« und zeige, dass die USA ihre »Streitkräfte wieder zu Leistungsprinzip, Tödlichkeit, Verantwortlichkeit und Exzellenz zurückführen« müssten. »Mit Pete am Ruder sind Amerikas Feinde gewarnt: Unser Militär wird wieder groß sein und Amerika wird niemals nachgeben«, schrieb Trump im Onlinedienst X über Hegseth.

Tesla-Chef Elon Musk soll Regierungsausgaben zusammenstreichen

Doch es geht noch wilder in Donald Trumps neuer Regierungsmannschaft, bei deren Aufstellung wohl weniger die fachliche Expertise den Ausschlag gegeben hat als die Ergebenheit gegenüber dem Boss. Die geplante Ernennung von Tesla-Eigentümer Elon Musk zum wandelnden Rotstift der Regierung deutete sich bereit im Wahlkampf an. Seit Wochen sieht man den exzentrischen Multimilliardär Elon Musk auf Bühnen tanzen, die Arme in die Höhe recken, sich als Sieger gebärenden Sekundanten Donald Trumps in Szene setzen.

Der Eigentümer der Autofirma Tesla, des Raumfahrtunternehmens SpaceX und des Online-Kurznachrichtendienstes X (vormals Twitter), dessen Vermögen auf mehr als 300 Milliarden Dollar geschätzt wird, soll aufräumen in Regierung und Verwaltung, Ausgaben daraufhin abklopfen, ob diese noch notwendig seien. Zusammen mit dem Biotech-Unternehmer Vivek Ramaswamy wird er ein Beratergremium für effizientes Regieren leiten.

Keine Diskussion über Interessenskonflikte

Bei der Ankündigung gab sich Trump euphorisch: »Diese zwei wunderbaren Amerikaner sollen den Weg ebnen, um die Regierungsbürokratie abzubauen, überflüssige Vorschriften zu streichen, verschwenderische Ausgaben zu kürzen und die Bundesbehörden umzustrukturieren.« Der offizielle Name des Beratergremiums lautet »Department of Government Efficiency« – dessen Abkürzung »Doge« soll anscheinend ein ironischer Verweis auf ein beliebtes Internet-Meme und eine Kryptowährung sein, für die Musk sich 2021 begeistert hatte.

Von Interessenkonflikten wollen weder Musk noch Trump etwas wissen, obwohl Musks Autokonzern Tesla und das Raumfahrtunternehmen SpaceX in hochregulierten Branchen tätig sind und regelmäßig mit den US-Behörden aneinander geraten. Seit er vor zwei Jahren Twitter aufkaufte, werden Inhalte auf der in X umbenannten Plattform kaum noch gefiltert, sie ist damit zu einer Multiplikationsschleuder ultrarechter Demagogie, von Hasstiraden und Propaganda geworden.

Sicherheitsberater Waltz ist ein scharfer Kritiker der russischen Regierung, lehnt aber wie Trump eine weitere finanzielle Unterstützung der Ukraine ab.

Was für eine Politik ist von solch einer Regierung zu erwarten, fragt man sich vor allem im Ausland. So soll ein Immobilieninvestor namens Steven Witkoff Nahost-Sondergesandter werden. Und als neuen Botschafter in Israel hat Trump den früheren Gouverneur von Arkansas ausgeguckt, Mike Huckabee, einen ehemaligen evangelikalen Pastor, der als lautstarker Befürworter der israelischen Siedlungspolitik im Westjordanland gilt.

Als Schlüsselpositionen für die Außenpolitik gelten die Posten als Außenminister und der Nationale Sicherheitsberater. Diese Aufgabe ist dem republikanischen Abgeordneten Mike Waltz vorbehalten. Der 50-jährige Waltz ist ein ehemaliger Offizier der US-Eliteeinheit Green Berets und war bereits als Berater für das Weiße Haus und das Pentagon tätig. Waltz ist ein scharfer Kritiker der russischen Regierung, lehnt aber wie Trump eine weitere finanzielle Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland ab. Noch mehr Milliarden der Ukraine zur Verfügung zu stellen, sei »im Moment die Definition von Wahnsinn«, sagte er kürzlich.

Neuer Außenminister Marco Rubio

Der von Trump benannte neue Außenminister Marco Rubio hat viel politische Erfahrung, galt schon in jungen Jahren als vielversprechender Aufsteiger in der Republikanischen Partei. Im Jahr 2000 zog er mit 28 Jahren ins Repräsentantenhaus von Florida ein. Seit 2011 gehört er dem Senat in Washington an.

Rubio galt eine Zeit lang als Rivale Trumps, der verspottete ihn als den »kleinen Marco«. Nun soll er Trumps »America First«-Devise in der Welt durchzusetzen. In der Außenpolitik liegt Rubio mit Trump in vielen Punkten auf einer Linie, sowohl bei der Migrantenabwehr als auch in der harten Haltung gegenüber China. Zur Ukraine hat sich Rubio ähnlich geäußert wie Trump. Die Ukraine habe tapfer gegen Russland gekämpft, befinde sich nun aber in einer »Pattsituation« mit den Invasoren. Die USA sollten deshalb »Pragmatismus« zeigen.

Iran hofft auf eine andere Politik der USA

Nach Ansicht der »New York Times« hätten sich Leute wie Marco Rubio und Mike Waltz von Neocons, die die Welt mittels Krieg mit einer US-amerikanischen Friedensordnung beglücken wollten, zu Anhängern des Trump’schen Credo »America First« gewandelt. Das würde für mehr außenpolitische Zurückhaltung sprechen und könnte bedeuten, dass die Ukraine auf lange Sicht kein Nato-Mitglied wird.

Der Iran hat keine guten Erinnerungen an Trump: Er ließ den Kommandeur der Revolutionsgarde Qasem Soleimani töten, zog sich aus dem Atomabkommen zurück, verschärfte die Sanktionen. In Teheran fragt man sich, was Trump diesmal mit dem Iran vorhat. Am Wochenende forderte Vizepräsident Mohammad Dschawad Sarif, der ehemalige Außenminister, Trump auf, die Politik des »maximalen Drucks« gegenüber der Islamischen Republik zu ändern. Der Republikaner müsse zeigen, dass er nicht mehr die »fehlgeleitete Politik der Vergangenheit« verfolge. »Als berechnender Mensch sollte er sehen, welche Vor- und Nachteile diese Politik hatte und ob er diese schädliche Politik fortsetzen oder ändern möchte.« Mit Agenturen

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