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Pastef schafft Durchmarsch im Senegal
Präsident Faye erhält mit seiner Partei bei Parlamentswahlen die erhoffte verfassungsändernde Mehrheit
Senegal hat mit den Parlamentswahlen vom Sonntag eine historische Wende vollendet. Der politische Einfluss von Parteien und Persönlichkeiten, die das Land in den vergangenen 25 Jahren maßgeblich prägten, ist endgültig verblasst. Stattdessen tritt die Partei Afrikanische Patrioten Senegals für Arbeit, Ethik und Brüderlichkeit (Pastef) mit ihrem charismatischen Vorsitzenden Ousmane Sonko in den Vordergrund und übernimmt die politische Agenda des Landes.
Die vorläufigen Wahlergebnisse bestätigen einen historischen Erfolg für Pastef. Mit voraussichtlich rund 130 von 165 Sitzen in der Nationalversammlung hat die Partei des im März gewählten Präsidenten Diomaye Faye ihre Vormachtstellung auf politischer Bühne beeindruckend unter Beweis gestellt. Die Koalition Takku Wallu, die vom ehemaligen Präsidenten Macky Sall angeführt wird, kommt auf nur 15 Sitze. Das markiert das endgültige Ende einer Ära und der bisherigen großen Parteien.
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Ebenfalls in die Bedeutungslosigkeit verschwunden ist die Koalition Samm Sa Kaddu, die sich hinter dem ehemaligen Bürgermeister von Dakar, Barthélémy Dias, versammelt hat. Bei den Parlamentswahlen von 2022 noch in Koalition mit Pastef angetreten, sind sie jetzt politische Gegner und erreichen lediglich vier oder fünf Sitze. Auch die Partnerpartei der Linken, Pit, zu lange treuer Partner von Macky Sall, ist politisch am Ende. Parteimitglied Mohamed Ly erklärte gegenüber »nd« am Wahlabend: »Jetzt muss die Führung um den ehemaligen Arbeitsminister Samba Sy zurücktreten und ein Parteitag her, damit sich die Partei neu gründen kann und wieder eine klar sozialistisch orientierte Politik macht. Sonst wird sie sterben.«
Um ihr ambitioniertes Programm einer umfassenden Reform der Justiz und der politischen Institutionen umzusetzen, zielte Pastef auf eine verfassungsändernde Mehrheit von mindestens drei Fünfteln der Abgeordneten, das sind 99. Das Ziel wurde weit übertroffen.
Die Schaffung von Arbeitsplätzen durch eine stärkere Binnenorientierung der Wirtschaft steht ebenfalls ganz oben auf der Regierungsagenda. Die erforderlichen Investitionen sollen unter anderem die Gewinne aus dem wachsenden Erdöl- und Gasgeschäft finanzieren. Dafür plant die Regierung, die Verträge mit internationalen Energiegiganten wie Total und BP neu zu verhandeln, um einen größeren Anteil der Erlöse im Senegal zu halten. Doch die Aussicht auf erfolgreiche Verhandlungen bleibt unsicher. Auch bleibt bislang vage, wie sich die zukünftige Wirtschaftspolitik gestalten soll.
Mit der dominierenden Mehrheit im Parlament steht die Regierung nun ohne ernsthafte parlamentarische Oppositionskraft da. Zu hoffen ist, dass Pastef ihre innere Heterogenität als Ressource nutzt. Angesichts der fehlenden starken Oppositionspartei sollten Diskurs und Debatte statt Parteidisziplin in der Pastef-Fraktion gepflegt werden. Innerhalb der Partei finden sich sowohl antiimperialistische Kräfte als auch stark religiös orientierte Politiker*innen. In ihrer Programmatik ist progressiv das Streben nach wirtschaftlicher und politischer Souveränität. Andererseits wird die Verteidigung vermeintlich traditioneller afrikanischer Werte gegen den westlichen Einfluss schnell ausgrenzend gegen Minderheiten. Gerade in Bezug auf Themen wie Feminismus oder die Rechte sexueller Minderheiten zeichnet sich die politische Führung von Pastef durch eine ablehnende Haltung aus.
Die senegalesische Zivilgesellschaft, die weit mehr umfasst als nur ausländisch finanzierte NGOs, hat eine lange Tradition, insbesondere in den Bereichen der Fischerei, des informellen Sektors und der handwerklichen Berufe. Angesichts der politischen Verschiebungen und der Schwäche der parlamentarischen Opposition wird ihr die besonders wichtige Rolle zukommen, Druck auf die Regierung auszuüben, um die Versprechen einer besseren wirtschaftlichen Zukunft für die Bevölkerung einzulösen und zugleich die Freiheitsrechte zu schützen. Besonders in Bereichen wie der Agrarpolitik, der Ernährungssouveränität und der ökologischen Transformation wird sie Einfluss nehmen und die treibende Kraft hinter einer politischen Wendung hin zu einer stärkeren Binnenorientierung und nachhaltigen Entwicklung werden müssen.
In den kommenden Jahren wird die politische Auseinandersetzung vor allem innerhalb von Pastef und dem politischen Umfeld stattfinden. Widerspruch und Diskurs innerhalb ihrer eigenen Reihen zu erlauben und zu fördern, sind deswegen besonders wichtig. Das politische Schicksal des Landes wird davon abhängen, inwieweit die Regierung in der Lage ist, den Erwartungen der Bevölkerung gerecht zu werden. Auf die Frage, was sie vom Wahlergebnis halten, antworten die meisten: »Sie sollen sich jetzt endlich an die Arbeit machen und nicht mehr so viel reden.« Wenn die Regierung erfolgreich Arbeit für die Jugend schafft, könnte sie auf populistische Zuspitzungen verzichten. Zu sehr hat sie in den Wahlkämpfen dieses Jahres darauf gesetzt.
Claus-Dieter König leitet das Regionalbüro Westafrika der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Senegals Hauptstadt Dakar
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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