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Krankenhausreform auf der Kippe
Die Verantwortung für das Gesetzeswerk liegt aktuell bei den Bundesländern
Deutlich weniger Krankenhäuser als die aktuell rund 1900 Standorte soll es geben, aber in den verbleibenden wird die Versorgung durch mehr Spezialisierung besser. Vorhaltepauschalen ergänzen die Fallpauschalen und nehmen damit Druck aus dem System. Mit Leistungsgruppen kommt eine neue Systematik in die Krankenhausplanung der Länder, die entscheiden müssen, welches Krankenhaus unter bestimmten Voraussetzungen bei Personal und Geräten was abrechnen kann. Der Wegfall von stationären Angeboten wird durch neue Einrichtungen aufgefangen, in denen auch Betten belegt werden können, wo aber gleichzeitig niedergelassene Ärzte sowie Pflegedienste und andere Gesundheitsberufe arbeiten.
Das alles und mehr verspricht die Reform (ohne dass es für alle Fragen bereits abschließende Regeln gibt), über die an diesem Freitag der Bundesrat entscheidet. Das zentrale Vorhaben, benannt als Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, abgekürzt KHVVG, ist dort nicht zustimmungsbedürftig. Aber die Länderkammer könnte es in den Vermittlungsausschuss schicken und bremsen.
Eine Verzögerung durch den Vermittlungsausschuss könnte noch ungünstiger für die stationäre Versorgung enden als der Start der unfertigen Reform.
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Wie lange diese Bremse wirken kann, ist unklar. Es könnte sein, dass eine neue Bundesregierung nicht nachbessern will, sondern ein völlig neues Konzept anstrebt. Nötig wäre das, aber eine Verzögerung könnte noch ungünstiger für die stationäre Versorgung enden als der Start der unfertigen Reform.
Insgesamt verfügen die Länder im Bundesrat über 69 Stimmen. Für die Anrufung des Vermittlungsausschusses reicht eine einfache Mehrheit. In dem Ausschuss selbst, der aus 16 Ländervertretern und 16 Bundestagsabgeordneten besteht, können noch Gesetzesänderungen verhandelt werden. Bei Einigung müssten diese noch einmal in Bundesrat und Bundestag abgestimmt werden.
Ein Meinungsbild der letzten Tage zeigt, dass sich noch nicht alle Bundesländer wirklich festgelegt haben. Einige aber schon: Baden-Württemberg könne laut Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) so »einfach nicht mitgehen«, denn im Südwesten seien bereits Kliniken zusammengelegt und Strukturen konzentriert worden. Im Vermittlungsausschuss müssten laut Lucha zumindest einige Punkte am KHVVG geändert werden. Das beträfe Vorhaltevergütungen, die Konstruktion der Leistungsgruppen und der Eingriff in die Planungshoheit der Länder – mithin den Kern der Reform. Lucha schiebt noch einen möglichen Kompromiss nach: Wenn das Gesetz doch durch den Bundesrat ginge, müsste per Protokollerklärung die künftige Bundesregierung zum Nachsteuern aufgerufen werden.
Ebenfalls für den Vermittlungsausschuss haben sich vorab Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen entschieden – zusammen erreichten die sechs Länder 30 Stimmen. Zu den unentschlossenen Bundesländern zählen Sachsen (noch in Koalitionsverhandlungen) und Hessen (CDU regiert mit der SPD). Laut früheren Aussagen hält die Berliner Gesundheitssenatorin Ina Syborra (SPD) die Reform für dringend notwendig. Ob das der schwarz-rote Senat mitträgt, ist aber offen. Ein anderer Wackelkandidat ist Brandenburg, wo aktuell noch über die künftige Koalition von SPD und BSW verhandelt wird. Die noch amtierende Ministerin Ursula Nonnenmacher (Grüne) warnt vor einem vorläufigen Aus der Reform im Bundesrat und argumentiert mit dann fehlender Planungssicherheit für die Krankenhäuser. Am Ende könnte es sein, dass die scheidende rot-schwarz-grüne Koalition sich im Bundesrat der Stimme enthält.
Das könnte schnell auf eine Zustimmung zum Gesetz hinauslaufen: Denn Enthaltungen bleiben unberücksichtigt und wirken sich auf das Ergebnis nicht aus. Schon bei einem Gleichstand von Ja- und Nein-Stimmen wäre ein zur Abstimmung gestellter Antrag abgelehnt, das Gesetz könnte dann zum 1. Januar in Kraft treten.
Zu den Fürsprechern der Reform zählen das Saarland und Rheinland-Pfalz. Begründet wird das mit der Alternative, nämlich der Fortsetzung willkürlicher Klinikschließungen. Auch Bremen scheint sich hier anzuschließen, Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) setzte zuletzt auf den Spielraum der Länder bei den Verordnungen zur Umsetzung der Reform. Ebenfalls eher zustimmungsbereit zeigten sich Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg
Die bevorstehende Entscheidung der Bundesländer wurde noch einmal von lautstarken Meinungsäußerungen aus dem Gesundheitswesen begleitet. Zu den wichtigsten Gegnern der Reform in der jetzigen Version gehört die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). Der Lobbyist hatte in den vergangenen Monaten immer wieder Auswirkungen der Reform durchrechnen lassen und zeigte mit einer weiteren Studie zu Beginn dieser Woche, dass die absehbare Umverteilung von Patienten eine regelrechte Lawine von Erlösausfällen bewirken würde. Zudem würden diese Patienten sehr wahrscheinlich erst einmal auf Wartelisten landen.
Die von der DKG abgefragten Krankenhäuser sehen die Reformpläne ebenfalls eher pessimistisch: 99 Prozent der (eher kleinen) Grundversorgungsklinken gehen davon aus, dass die Vorhaltefinanzierung nicht ausreichen wird, um anfallende Kosten zu decken. Bei den Regel- und Schwerpunktkrankenhäusern teilen 97 Prozent diese Erwartung.
Und nicht zuletzt: Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, so eine weitere DKG-Umfrage, sorgt sich um wegbrechende medizinische Versorgung. In den ostdeutschen Flächenländern ist der Anteil noch einmal höher. Nur 15 Prozent der Menschen teilen die Ansicht von Minister Karl Lauterbach (SPD), dass regionale Krankenhäuser ohne Versorgungseinbußen geschlossen werden könnten. Besonders gering ist dieser Anteil mit knapp 13 Prozent bei den über 65-Jährigen.
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