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Landrechtskonflikt um Ananas von Fresh Del Monte
Der Fruchtkonzern Fresh Del Monte betreibt Ackerbau im indigenen Gebiet – ohne Einwilligung der dortigen Bevölkerung
Lesner Figueroa ist zum ersten Mal in Deutschland. Der Costa-Ricaner aus der Region Salitre will er auf einen schwellenden Landkonflikt aufmerksam machen, in den laut seinen Informationen auch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) involviert war. »Fresh Del Monte nutzt Land der Bribrí ohne unser Einverständnis«, klagt der 39-jährige Sprecher der Organisation Consejo Ditsö Iríria Ajkönuk Wakpa (CODIAW).
Die Organisation der Bribrí engagiert sich für die Rechte der indigenen Ethnie, von der etwa 1800 Mitglieder in Salitre leben. »Quasi vor unserer Haustür baut Fresh Del Monte Ananas en gros für den Export an – mit intensivem Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden«, so Figueroa. Fresh Del Monte ist einer von fünf weltweit agierenden Fruchtkonzernen.
Bisher können die Bribrí die Verschmutzung nicht belegen. Sie bauen aktuell eigene Strukturen auf, haben noch keine Chemiker oder Agrarexperten und auch keine Anwälte, die sie vertreten. Dabei ist die Rechtslage seit der Verabschiedung der Ley Indígena, dem indigenen Gesetz von 1977, eindeutig. Es legt fest, dass die indigenen Schutzgebiete »unveräußerlich« sind, und ihr Besitz »unverjährbar nicht übertragbar« und »exklusiv« den indigenen Gemeinden zustünden.
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Diese kollektiven Landtitel verletzt Fresh Del Monte, der Konzern verweigerte einer Delegation der CODIAW außerdem eine Aussprache. Deswegen ist Figueroa im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Berlin vorstellig geworden. »Ich habe bei meinen Recherchen herausbekommen, dass die GIZ mit dem Unternehmen kooperiert«, berichtet Figueroa.
Fresh Del Monte wirbt auf seiner Homepage mit der Zusammenarbeit mit der GIZ. Diese umfasse nachhaltige Wirtschaftspraktiken, Umweltschutz und Wiederaufforstungsprogramme. Zum Konflikt mit den Bribrí findet sich nichts. Auf eine »nd«-Anfrage gab es bis Redaktionsschluss keine Antwort. »Fresh Del Monte hat sich Hunderte Hektar unseres Territoriums unter den Nagel gerissen«, sagt Figueroa.
Ihm zufolge würde auf einigen Hektaren Ananas angebaut, andere Flächen, wie beispielsweise die Savana Sojki, lägen brach. In dem für die Region typischen Ökosystem, für die Bribrí obendrein heilig, wollte das US-Fruchtunternehmen Bäume anpflanzen. Das verhinderten die indigenen Aktivisten mit Protesten. Vor Gericht kommen sie jedoch nicht weiter. Die Justiz in Costa Rica sei nicht unabhängig, ist Figueroa überzeugt. Wer Geld habe, sei im Vorteil, indigene Rechte hätten keine Priorität.
Formell ist der costa-ricanische Staat zum Schutz der Bribrí und deren Vertreter verpflichtet. Das entschied die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte, ein Organ der Organisation Amerikanischer Staaten, 2015. Dass die Realität anders aussieht, belege der Mord an Sergio Rojas im März 2019, so Figueroa. Der indigene Aktivist wurde an dem Tag ermordet, an dem er Klage gegen die illegale Aneignung der indigenen Gebiete der Bribrí eingereicht hatte. Der Mord ist bis heute nicht aufgeklärt. Figueroa ist überzeugt, dass das an der »fehlenden Bereitschaft« von Justiz und Politik liegt.
Im BMZ nahm man die Vorwürfe Figueroas aufmerksam, aber recht reserviert entgegen, wie er erzählt. Das Abkommen mit Fresh Del Monte sei Anfang November ausgelaufen, das BMZ hätte deswegen nur noch »wenig Einfluss«.
Figueroa wird dennoch weitermachen, um die Rechte der Bribrí durchzusetzen. In Deutschland hat er dazu den Kontakt zu einer Universität in Costa Rica vermittelt bekommen. Wissenschaftler der Institution hatten in einem ähnlichen Fall schon einmal Wasserproben genommen und analysiert, um Verschmutzung nachzuweisen. So soll damals einem costa-ricanischen Dorf in einem ähnlichen Rechtsstreit unter die Arme gegriffen worden sein.
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