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Nahost-Konflikt spaltet Einheitsliste

Dänische Linkspartei beruft Sonderkongress zum Umgang mit der Palästina-Frage ein

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.
Vertriebene Palästinenser suchen im Yarmouk-Stadion in Gaza-Stadt Zuflucht.
Vertriebene Palästinenser suchen im Yarmouk-Stadion in Gaza-Stadt Zuflucht.

Der interne Konflikt in Dänemarks linker und recht erfolgreicher Partei schwelt schon länger. In den vergangenen Tagen wuchs er sich zu einem Schlagabtausch aus, der über die Medien ausgetragen wurde. Hierbei wurden die tiefen Differenzen zwischen dem Parteivorstand und der Parlamentsgruppe auf der einen Seite und der Fraktion »Rote Linke« auf der anderen sehr deutlich.

Vorstand und Abgeordnete, die die rot-grüne Einheitsliste nach außen hin repräsentieren, hatten sich neben der Verurteilung des Massakers vom 7. Oktober in Israel durch alle Parteien auch einer des Antizionismus angeschlossen. Der Partei-Sprecher Pelle Dragsted hat in mehreren Interviews unterstrichen, dass die Einheitsliste Gewalt und Terror grundsätzlich ablehnt. Zuletzt erweiterte er dies um die Aussage, dass Personen oder Gruppen, die sich dem nicht anschließen, ihre politische Heimat außerhalb der Einheitsliste suchen müssten.

Zusammenarbeit mit Palästina abgerochen

In der Vergangenheit hat die Einheitsliste mit den palästinensischen Organisationen DFLP und PFLP zusammengearbeitet. Diese Verbindungen brach sie nach dem 7. Oktober 2023 ab, als behauptet wurde, dass diese Gruppen das Massaker billigten oder deren Mitglieder direkt daran beteiligt waren. Die »Rote Linke« widerspricht dem. Auch möglicherweise einzelne Mitglieder von DFLP und PFLP zu den Tätern gehören könnten, seien diese Organisationen weiterhin legitime Verteidiger der Rechte der Palästinenser. Die Kooperation einschließlich finanzieller Unterstützung solle wiederaufgenommen werden. Rote-Linke-Aktivisten verkaufen in einem Solidaritätsladen weiterhin entsprechende Werbeartikel, was von bürgerlichen Medien harsch kommentiert wird.

Die Palästina-Frage ist dabei nicht der einzige Konfliktpunkt für die Einheitsliste. Die »Roten Linken« sind mit der generellen Parteilinie unzufrieden, den Schwerpunkt auf die parlamentarische Arbeit auf allen Ebenen zu legen. Auch die Akzeptanz von Nato und EU als notwendige Übel – da derzeit ohne Alternativen – wird von etlichen Mitgliedern nicht mitgetragen.

Streit um Palästina, EU und Nato

Teile der Basis der Einheitsliste wollen einen stärker aktivistischen Kurs und nicht länger darauf reduziert werden, ihren Parteibeitrag zu bezahlen und im Wahlkampf Flugblätter zu verteilen. Sie berufen sich auf Marx und den Klassenkampf, wollen eine »sozialistischere« Partei, als es die Einheitsliste geworden ist. Dieses Verlangen steht im Widerspruch zur Linie der bestimmenden Strömung um Dragsted.

Um den Konflikt zu entscheiden, hat der Parteivorstand nun zu einem außerordentlichen Kongress im Dezember eingeladen. Dort sollen die Delegierten zwei Vorschläge diskutieren. Einer zielt darauf ab, Mitglieder, die der Parteilinie entgegenarbeiten, auszuschließen. Ein weiter reichender ermächtigt den Vorstand, mit einer Zweidrittelmehrheit Mitglieder oder ganze Fraktionen auszuschließen. Derzeit sind für solche Maßnahmen fast unmöglich zu erreichende fünf Sechstel erforderlich.

Linke will Kopenhagens Rathaus

Sollte einer dieser Anträge angenommen werden, ist eine Abspaltung der »Roten Linken« denkbar. Die Einheitsliste war 1989 mit dem Ziel gebildet worden, die traditionelle Zersplitterung in Kommunisten, Trotzkisten und Volkssozialisten zu überwinden. Auch deshalb baute man bei der Parteigründung im Statut eine hohe Sperrklausel gegen Ausschlüsse ein.

Das Zerwürfnis beschäftigt die Einheitsliste, während sie sich eigentlich in der Erfolgsspur sieht und Hoffnungen macht, 2025 den Sozialdemokraten nach über 100 Jahren den Oberbürgermeisterposten von Kopenhagen abzunehmen. Für Dänemarks Linke steht viel auf dem Spiel.

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