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Berlin-Brandenburg: Zahl schwerbehinderter Erwerbsloser steigt

12 600 Berliner und Brandenburger mit Beeinträchtigung haben keinen Job

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch Schwerbehinderte sind in Betrieben vielseitig einsetzbar – sie brauchen nur eine Chance.
Auch Schwerbehinderte sind in Betrieben vielseitig einsetzbar – sie brauchen nur eine Chance.

Am 3. Dezember ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen. Zur Teilhabe am Leben gehört nicht zuletzt ein Arbeitsplatz. 97 100 Einwohner von Berlin und Brandenburg sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Doch 8355 schwerbehinderte Berliner haben aktuell keinen Arbeitsplatz. Das sind mehr als vor einem Jahr, als es nur 7824 Betroffene gab. Dabei haben 4010 von ihnen einen Beruf erlernt und 895 haben studiert.

In Brandenburg sind 4242 Schwerbehinderte erwerbslos gemeldet. Auch hier stieg die Zahl. Vor einem Jahr lag sie noch bei 4108. Von arbeitslosen Schwerbehinderten in Brandenburg haben 2829 eine Berufsausbildung absolviert und 220 haben einen Studienabschluss in der Tasche.

»Menschen mit Behinderungen verfügen über Berufserfahrung, sind meist gut ausgebildet und können Leistungen erbringen wie Menschen ohne Einschränkungen«, sagt Ramona Schröder, Regionaldirektionschefin der Arbeitsagentur. »Insofern kann ich nur alle Unternehmen ermutigen, diesen Personenkreis bei der Personal- und Fachkräftesuche aktiv mit einzubeziehen.« An diesem Dienstag können sich Firmen ab 10 Uhr im Internet unter arbeitsagentur.de/k/digitale-aktionswoche-teilhabe über Fördermöglichkeiten informieren. Die Arbeitsagentur weiß, dass es Schwerbehinderte häufig schwerer haben als andere Arbeitslose, einen Job zu finden.

Aus dem Arbeitsmarktbericht
  • In Berlin sind 21 433 Stellen offen, in Brandenburg 22 778 Stellen. Personal gesucht wird in beiden Bundesländern unter anderem für den Handel und für das Gesundheitswesen, in Brandenburg zusätzlich auch für das Baugewerbe.
  • In Berlin sind 1166 mehr Arbeitsplätze frei als vor einem Jahr, in Brandenburg sind es 1976 weniger als damals.
  • In Berlin sind acht Prozent der Arbeitslosen jünger als 25 Jahre und 27,5 Prozent sind 50 Jahre und älter, in Brandenburg sind es 9,2 Prozent beziehungsweise 36,1 Prozent.
  • Der Anteil der Langzeitarbeitslosen, die schon mindestens ein Jahr ohne Job sind, beträgt in Berlin 40,2 Prozent und in Brandenburg 39,4 Prozent.
  • Für Berlin sortiert die Arbeitsagentur 42,5 Prozent der Arbeitslosen in die Rubrik »Ausländer« ein, für Brandenburg 22,6 Prozent.
  • Schwerbehindert sind 4,1 Prozent der Arbeitslosen in Berlin und 5,2 Prozent der Arbeitslosen in Brandenburg. af

    Auch insgesamt steigen die Arbeitslosenzahlen in der Hauptstadtregion. 205 135 Berliner und 82 018 Brandenburger waren im November arbeitslos gemeldet. Das waren 14 328 Berliner und 4223 Brandenburger mehr als ein Jahr zuvor. Die Arbeitslosenquote stieg in Berlin binnen zwölf Monaten um 0,5 Prozentpunkte auf 9,7 Prozent und in Brandenburg um 0,3 Prozentpunkte auf 6,1 Prozent.

    »Die Berliner Wirtschaft ist in der langwierigsten konjunkturellen Delle seit der Krise zwischen 2001 und 2005«, urteilt Nicole Korset-Ristic, Vizepräsidentin der hiesigen Industrie- und Handelskammer. Seinerzeit schnellten die Arbeitslosenzahlen auf Rekordhöhen. Jetzt seien aber bislang »noch keine Anzeichen für einen größeren Stellenabbau« zu erkennen, beruhigt Korset-Ristic. Das sei anders in Regionen, die stärker von der Industrie dominiert werden. »Wir beobachten jedoch, dass es speziell in der IT-Branche in den vergangenen Monaten immer wieder zu Entlassungen kam.« Grundsätzlich seien die Perspektiven für Computerexperten zwar weiterhin sehr gut. Doch viele von ihnen, die jetzt eine Stelle suchen, seien zwar hochqualifiziert, sprechen aber oft kein Deutsch. Das erschwert es ihnen, mit kleinen und mittleren Unternehmen zusammenzukommen, die jemanden suchen. Von der Arbeitsagentur vermittelte Deutsch-Intensivkurse könnten eine Hilfe sein, meint die IHK-Vizepräsidentin.

    »Die Wirtschaftskrise hält sich hartnäckig«, bedauert Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg. »Die Zahl der Jobverluste liegt weiter über der Zahl derer, die eine neue Stelle finden«, sagt er. »Dazu prägen Kurzarbeit und die wachsende Zahl von Unternehmensinsolvenzen das Bild.« Das erstaune nicht in einem Umfeld, das geprägt sei durch Investitions- und Kaufzurückhaltung sowie durch innen- und außenpolitische Unsicherheit. »Wir hoffen, dass das Weihnachtsgeschäft bei Handel, Gastronomie und Dienstleistungen am Jahresende noch einmal für Belebung sorgt.« Alexander Schirp weist noch darauf hin, dass die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahresmonat nur in Bayern und in Baden-Würrtemberg stärker gestiegen sei als in Berlin.

    Was Brandenburg betrifft, beschwichtigt der scheidende Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD): »Angesichts der gesamtdeutschen schwachen Konjunkturentwicklung zeigt sich der brandenburgische Arbeitsmarkt alles in allem – auch im Bundesländervergleich – weiterhin robust.« Erfreulich nennt Steinbach, dass die jüngste Prognose des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAP) für das Jahr 2025 hoffen lasse. Die Arbeitslosenquote würde demnach wie in Westdeutschland nur um 0,1 Prozentpunkte auf 6,2 Prozent ansteigen. In Brandenburg würde es dann 83 800 Arbeitslose geben. Es könnte schlimmer sein, denn für die ostdeutschen Länder insgesamt werde ein Anstieg um 0,2 Prozentpunkte auf 7,6 Prozent erwartet. Steinbach schwärmt: »35 Jahre nach dem Fall der Mauer stehen wir im ostdeutschen Vergleich gut da und haben kräftig aufgeholt.«

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