DFB-Frauen: Lerneffekte unter Bundestrainer Christian Wück

Die deutschen Fußballerinnen gehen auf ihrem neuen Weg mit einer Niederlage gegen Italien ins neue Jahr

  • Frank Hellmann, Bochum
  • Lesedauer: 4 Min.
Mit dem neuen Offensivdrang des DFB-Teams um Kapitänin Giulia Gwinn (M.) kann Trainer Christian Wück (l.) durchaus zufrieden.
Mit dem neuen Offensivdrang des DFB-Teams um Kapitänin Giulia Gwinn (M.) kann Trainer Christian Wück (l.) durchaus zufrieden.

Vielleicht muss es Anfang Dezember so sein, dass zum Abschluss eines Länderspieljahres auch noch »Last Christmas« aus den Lautsprechern scheppert. Der Ohrwurm lief noch im Ruhrstadion von Bochum, als Christian Wück seinen Wunschzettel formulierte: »Vorne die Dinger reinmachen, hinten cleverer spielen!« Die Ernüchterung über die 1:2-Heimniederlage am Montagabend gegen Italien wirkte beim Bundestrainer deutlich nach. Wie schon beim 1:2 gegen Australien in Duisburg hatten seine Fußballerinnen den dankbaren Support von den Rängen tief im Westen nicht nutzen können. Ergo wartet laut Wück noch »viel Arbeit«, will das DFB-Team tatsächlich bei der EM im Sommer in der Schweiz um den Titel mitspielen.

Was gut aussieht: Die Grundausrichtung ist aktiver und offensiver geworden. Das hat vor allem bei der Wück-Premiere in Wembley beim 4:3 gegen England und beim 6:0 in Zürich gegen den EM-Gastgeber Schweiz teils spektakulär geklappt. »Wir haben bewiesen, dass es mit der neuen Spielart funktionieren kann«, urteilte der Bundestrainer. Sein Vorgänger Horst Hrubesch hatte insbesondere bei den Olympischen Spielen einen pragmatischeren Ansatz gewählt.

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Gegen die Italienerinnen gab es in der zweiten Halbzeit fast ein halbes Dutzend klarer Chancen. Doch fehlten Kaltschnäuzigkeit, Konsequenz und Glück. Die Abschlussschwäche zieht sich wie ein roter Faden durch die letzten Jahre. Lea Schüller weist mit 47 Toren in 69 Länderspielen die mit Abstand beste Quote auf und sollte zum Fixpunkt im Angriff aufgebaut werden – die kopfballstarke 27-Jährige hat schließlich auch die Rückennummer 11 von Alexandra Popp geerbt.

Wück schwebt ein Pool von 30 oder gar 40 Spielerinnen vor, deswegen galten für ihn die ersten Partien als Findungsphase. Darunter litten aber die Automatismen, was sich auch in der schwachen ersten Halbzeit am Montagabend zeigte, weil es zudem an Intensität und Tempo, Kreativität und Präzision mangelte. Mit der Nations League im kommenden Jahr gegen die Niederlande, Österreich und Schottland werden die Experimente weniger, versprach der Bundestrainer: »Wir testen nicht mehr in der Anzahl. Wir wollen natürlich mit einem Kern in die Nations League gehen, um uns da einzuspielen.« Zudem bietet es sich an, auf Schlüsselpositionen – analog zu Bundestrainer Julian Nagelsmann bei den Männern – feste Rollen zu vergeben.

Ehrenwert ist es, dass nacheinander die Torhüterinnen Ann-Katrin Berger, Stina Johannes, Sophia Winkler und Ena Mahmutovic vorgespielt haben, allerdings gab es in drei der vier Länderspiele jeweils einen krassen Fehler zu besichtigen. In Bochum leistete sich Debütantin Mahmutovic einen Blackout, die ein überflüssiges Dribbling vor dem 1:2 wagte. »Sie hat in der einen Szene einfach eine falsche Entscheidung getroffen. Das darf man den Spielerinnen auch zugestehen«, sagte Wück in Richtung der 20-Jährigen. Gleichwohl mündete sein Casting auf dieser Position eher in einer Sackgasse, schließlich hat Berger bei Olympia fast allein die Bronzemedaille festgehalten. Die von zwei Krebserkrankungen geheilte 34-Jährige ist »Deutschlands Fußballerin des Jahres« und verdient das volle Vertrauen für die EM 2025.

Auch viele Feldspielerinnen ringen noch um Stabilität. Die erneut als Innenverteidigerin erprobte Sarai Linder leistete sich einen fatalen Ballverlust vor dem frühen 0:1. Wück wäre gut beraten, sich in der Innenverteidigung auf Kathrin Hendrich und Janina Minge festzulegen. Als Backup steht das eingespielte Frankfurter Gespann mit Sara Doorsoun und Sophia Kleinherne bereit. Weitere Verschiebungen sorgen nur für Unruhe und Unsicherheit. Das Fazit von Wück: »Wir sind auf dem richtigen Weg, müssen noch Details verbessern. Aber wir haben ja noch Zeit bis zur Europameisterschaft. Diese Niederlage gehört zu einer Entwicklung dazu.« Der 51-Jährige hat sich eben diese Lerneffekte im ersten Teil seiner Amtszeit gewünscht, denn wie sagte er noch: »Wir haben trotzdem schöne Weihnachten.« Das klang beruhigend.

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