Wie Fifa-Chef Gianni Infantino es schafft, dass ihm alle dienen

Mit der Doppelvergabe der Weltmeisterschaften 2030 und 2034 gewinnt Saudi-Arabien

  • Frank Hellmann
  • Lesedauer: 4 Min.
Mit dem Schlüssel zur Macht: Fifa-Chef Gianni Infantino
Mit dem Schlüssel zur Macht: Fifa-Chef Gianni Infantino

Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und Neymar: Schillernde Figuren des Weltfußballs eint nicht nur die globale Reichweite. Das Dreigestirn hat sich längst geschlossen vor den Wüstenkarren spannen lassen. Der argentinische Weltmeister Messi geht als bestens bezahlter Werbebotschafter für die Kampagne »Visit Saudi« voran, der portugiesische Weltstar Ronaldo und Brasiliens Superstar Neymar kicken längst gegen eine fantastische Entlohnung in dem Königreich, das unmittelbar vor seinem größten Erfolg steht: 211 Mitgliedsverbände des Weltverbandes Fifa werden am Mittwoch die Weltmeisterschaften 2030 und 2034 en bloc vergeben. Spanien, Portugal und Marokko werden zum Gastgeber 2030 bestimmt, für 2034 ist dann eben Saudi-Arabien als alleiniger Ausrichter vorgesehen.

Die virtuelle Zusammenkunft, angesetzt ab 15 Uhr, wird ein einstimmiges Votum hervorbringen, die Bestätigung soll per Akklamation erfolgen. In der Tagesordnung steht nur Bestimmung der Gastgeber – nicht Wahl oder Abstimmung. Die Frauen-WM 2027 war beim Fifa-Kongress in Bangkok noch in Präsenz vergeben worden, als mit Brasilien und der europäischen Bewerbung aus den Niederlanden, Belgien und Deutschland zwei Kandidaten zur Wahl standen. Die Südamerikaner gingen nach einem halbwegs demokratischen Prozedere mit 119:78 Stimmen als Sieger hervor.

Doch bei der Vergabe einer Männer-WM sind mit Hinterzimmerdeals bessere Geschäfte zu machen. Insbesondere Fifa-Präsident Gianni Infantino wittert in dem Land, das über fast ein Fünftel der weltweiten Ölvorkommen verfügt, das große Geld. Zur Profitmaximierung hat der Schweizer früh den Schulterschluss mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman gesucht. 900 Sponsorenverträge hat dessen Monarchie im Weltsport schon geschlossen. Viele davon werden aus dem saudischen Investmentfonds PIF bezahlt, der zur Umsetzung der »Vision 2030« schätzungsweise 650 Milliarden Euro umfasst. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Firma Aramco, eine saudi-arabische Erdölfördergesellschaft, die seit diesem Jahr auch Hauptsponsor der Ffia ist. Tennis, Golf oder Formel 1 sind für das Verlangen nach Aufmerksamkeit gut und schön, aber nichts fasziniert auf Gefühlsebene mehr als Fußball.

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Um nach der WM in Katar vor zwei Jahren gleich noch eine Endrunde in diese schwerreiche Region zu vergeben, hat die Fifa ihre eigenen Reformen nach dem Skandal 2015 wieder zurückgedreht. Nach der Kür von Russland 2018 und Katar 2022 sollte es eigentlich nie wieder zu einer Doppelvergabe kommen. Doch der Fifa-Rat scheint Infantino hörig. Im Oktober 2023 beschloss das 36-köpfige Gremium einstimmig, die Bewerbung aus Spanien, Portugal und Marokko mit der aus Uruguay, Paraguay und Argentinien zu einer Bewerbung für die WM 2030 zu kombinieren – drei Partien, darunter das Eröffnungsspiel, werden in Südamerika ausgetragen. Für den Fifa-Kongress im Mai wurden weitere Statutenänderungen für eine Doppelvergabe vorgenommen. Der letzte Beschluss sah dann vor, für beide Turniere im Paket zu stimmen.

DFB-Präsident Bernd Neuendorf hat bestätigt, allen drei Maßnahmen zugestimmt zu haben. »Warum Opposition spielen, die völlig zum Scheitern verurteilt wäre?« Die neun europäischen Mitglieder im Fifa-Council haben Erfüllungsgehilfen gespielt, weil die WM 2030 im Kern auf europäischem Boden ausgetragen wird. Die Fifa verkomme unter Infantino »mehr und mehr zu einer autokratischen One-Man-Show, und der DFB duckt sich weg, kritisiert das Fanbündnis «Unsere Kurve».

Der DFB nimmt auch in Kauf, dass der deutsche Profifußball in zehn Jahren wieder eine Kniebeuge macht, weil im Winter gespielt werden muss, was insbesondere den europäischen Terminkalender arg durcheinanderwirbelt. Im Fifa-Evaluierungsbericht wird der Termin bewusst offen gelassen, die klimatischen Bedingungen lassen eine Austragung im Sommer aber nicht zu.

Noch schwerer wiegen die Vorwürfe wegen Menschenrechtsverstößen, die hinlänglich von Human Rights Watch belegt sind. Es geht um Frauenrechte, Zwangsarbeit, Lohndiebstahl oder Todesfälle von Arbeitern. Ein offenbar gefälschter Evaluierungsprozess der Fifa werde «unvorstellbare menschliche Kosten verursachen, einschließlich negativer Auswirkungen auf Wanderarbeiter und ihre Familien», warnte Michael Page, stellvertretender Direktor für den Nahen Osten bei Human Rights Watch vor dem Hintergrund, dass elf Stadien neu gebaut werden müssen. Der Weltverband hält dagegen, dass die WM «als Katalysator für einige der laufenden und künftigen Reformen» dienen könne und dass sich Saudi-Arabien zur Einhaltung verschiedenster Standards in Menschenrechtsfragen verpflichtet habe. Eine Argumentation, die auch Neuendorf bedient hat. Eine Ablehnung sei «reine Symbolpolitik», besser wäre es, die Reformprozesse zu begleiten.

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