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Protest gegen Flüssigerdgas auch in Kroatien

In Europa boomt der Ausbau von LNG-Terminals. Krk soll zur Drehscheibe für Fracking-Gas aus den USA werden.

  • Aljoscha Hartmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Aktivist*innen der Gruppe »Bunt Za Opstanak« vor dem Tanker »LNG Croatia« auf Krk.
Aktivist*innen der Gruppe »Bunt Za Opstanak« vor dem Tanker »LNG Croatia« auf Krk.

Im Berliner Luxushotel Adlon traf sich diese Woche die Führungsriege der internationalen Industrie für Flüssigerdgas (LNG). Gruppen wie Ende Gelände und die Letzte Generation versuchten die Veranstaltung mehrmals zu stören. Denn Flüssiggas boomt in weiten Teilen Europas – und so regt sich auch in Kroatien der Protest gegen den Ausbau eines Terminals.

Im August blockierte die Gruppe »Bunt Za Opstanak« (auf Deutsch etwa: Aufstand für das Überleben) einen Gastanker zwei Stunden lang vor dem LNG-Terminal auf der kroatischen Insel Krk. Die Kapazität des Terminals soll mehr als verdoppelt werden. Kostenpunkt 180 Millionen Euro, davon allein 155 Millionen für den Ausbau der Pipelines ins Landesinnere und nach Slowenien, Italien, Österreich und Rumänien.

Es sind diese Expansionspläne, weswegen im August Aktivist*innen auch auf die Anlegestelle kletterten und sich mit ihren Körpern dem LNG-Tanker in den Weg stellten. Polizei und Sicherheitspersonal reagierten mit brutaler Härte. Die Aktivist*innen wurden von Feuerlöschbooten mit Wasserwerfern zurückgedrängt, mit Fischhaken angegriffen und ins Wasser oder auf die Polizeiboote geworfen. Im Nachhinein dementierte die Polizei, dass es Gewalt gegeben habe, der Staat weigerte sich, Ermittlungen einzuleiten. Die lokalen Medien schwiegen über dieses Kapitel der Protestaktion.

Das könnte damit zusammenhängen, dass das LNG-Terminal strategisch und wirtschaftlich ausgesprochen wichtig ist. Es handelt sich um eines der größten Wirtschaftsprojekte im Land – und die Expansion mit mehr Exportmöglichkeiten verspricht noch höhere Profite. Und das, obwohl das Land in der EU das größte Potenzial für Solarenergie hat. »Wenn wir nur über Kroatien sprechen, gibt es keine Notwendigkeit, diese Anlage zu erweitern«, so der Parlamentsabgeordnete Damiri Bakić von der links-grünen Partei »Možemo!«. Er sagt jedoch auch: »Aber wir haben Verpflichtungen übernommen, sie zu erweitern, um die gesamte Region zu sichern.« Gemeint ist damit die Unabhängigkeit von russischem Gas; anlanden soll in Krk vor allem LNG aus den USA.

Zusätzlich zum Argument der Energiesicherheit wird auch in Kroatien von der »Brückentechnologie« gesprochen, die den Übergang zu erneuerbaren Energien sichern soll. Ein Argument, das der Umweltwissenschaftler Robert Howarth zurückweist: »Das ist einfach nicht der Fall. Wir haben erneuerbare Energien, wir haben geeignete Speichermöglichkeiten, wir haben diese fantastische Wärmepumpentechnologie.«

Anders als in Deutschland ist die Aktion im August aber nur Ausdruck einer kleinen engagierten Gruppe – und kein Teil einer großen Bewegung. Hierzulande schafft es etwa die Deutsche Umwelthilfe immer wieder, in Genehmigungsprozessen für LNG-Infrastruktur zu intervenieren und Umweltprüfungen trotz beschleunigter Verfahren teilweise zu erzwingen. Zu Aktionen des zivilen Ungehorsams an den Terminals in Brunsbüttel oder auf Rügen kommen immer wieder Hunderte Aktivist*innen, um Druck aufzubauen.

Und während sich 2019 noch große lokale Proteste gegen das LNG-Terminal auf Krk formierten, waren am Klimacamp auf Krk im August rund um die Aktion so gut wie keine Menschen aus der Region anwesend. Für die Aktivistin Sol liegt ein Teil der Erklärung in der Resignation der Menschen: »Die Leute haben irgendwie aufgegeben, sie haben sich beschwert, dass es Lärm vom Terminal gibt, dass das Wasser verschmutzt ist – aber sie wurden von allen Institutionen ignoriert, sodass sie auch irgendwie entmutigt wurden, etwas zu tun.« Zu dieser staatlichen Sturheit kommen immer neue Krisen hinzu, so wie schlechte Löhne bei hohen Preisen – eine Gemengelage, in der Klima- und Umweltschutz für viele keine Priorität hat.

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