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Game Awards: Der Spaß ebbt ab
Gedrückte Stimmung bei den Game Awards in Los Angeles
Zum zehnjährigen Jubiläum der Game Awards hatte Host Geoff Keighley vergangene Woche wieder nach Los Angeles ins Peacock Theater geladen. Traditionell das größte Event der Branche des Jahres. Für das Unterhaltungsprogramm kamen nicht nur der alternde Weltstar Harrison Ford, sondern auch der kiffende Sonderbotschafter der Vereinigten Staaten von Amerika, der Rapper Snoop Dog. Letzterer sorgte mit einer launigen Gesangseinlage für etwas Spaß, während der 82-jährige Schauspieler mit einer leicht improvisierten Ansprache überzeugte – in einer ansonsten akribisch geskripteten Werbeveranstaltung der internationalen Gaming-Branche. Die Show-Einlagen waren ebenso wie die Preisverleihungen während der dreistündigen Veranstaltung allesamt nur bunte Platzhalter für die unzähligen Werbeeinblendungen. Einzig die Laudatio von Studiochef Swen Vincke verwies auf die massiven Verwerfungen innerhalb der Branche.
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Als letztjähriger Preisträger für das Spiel des Jahres hielt der Belgier Vincke die Laudatio für den diesjährigen Preisträger »Astro Bot«. Er nutzte seine Redezeit, um mit den üblichen Gepflogenheiten in der Branche abzurechnen. »Das Team und das Spiel« sollten bei der Entwicklung an erster Stelle stehen, betonte er und sprach sich gegen die übliche Praxis aus, kurzsichtige Entscheidungen zur reinen Profitmaximierung zu treffen. Die Entwickler sollten, so Vincke weiter, »nicht wie Zahlen in einer Excel-Tabelle behandelt werden« und die »Spieler nicht wie Nutzer, die um jeden Preis ausgebeutet werden müssen«. Zum Abschluss fragte er, wie man sich das denn vorstellen soll, »wenn schon die Spiele-Entwickler im Entstehungsprozess keinen Spaß haben«, wie soll dann jemand anderes mit den Spielen Spaß haben?
Grund für seine Brandrede sind die schlechten Arbeitsbedingungen der Branche: die sehr geringen Gehälter und die anhaltende Geschlechterdiskriminierung. Auch gingen 2024 die Entlassungswellen weiter: Insgesamt wurden in den letzten drei Jahren 34 000 Menschen entlassen. Immerhin wurde auf den Game-Awards ein Preis für den »Game Changer des Jahres« verliehen. Ihn erhielt Amir Satvat, der für das chinesische Internet-Unternehmen Tencent arbeitet. Satvat begann 2022 automatisierte Tabellen mit Job-Angeboten zu erstellen. Diese teilte er über soziale Netzwerke und verhalf damit in den letzten Jahren rund 3 000 Menschen zu einem neuen Job.
Als Grund für die Entlassungswellen werden häufig rückläufige Umsatzzahlen genannt. Doch dies geben die Statistiken nicht her. Im vergangenen Jahr wuchs der Umsatz mit Games, Hardware und Online-Services weltweit um 6,2 Prozent auf 138 Milliarden Euro. Und auch die Spieler*innen werden nicht weniger. In Deutschland spielen laut dem Verband der deutschen Gaming-Branche (Game) sechs von zehn Menschen Computer- oder Videospiele. Knapp 48 Prozent davon sind Frauen. Durchschnittlich sind die Spielenden 38 Jahre alt. Die meisten Konsumenten spielen auf ihrem Smartphone oder einer Konsole.
Dennoch hinkt die Branche in Deutschland immer noch den internationalen Konkurrenten hinterher. Hatte es zum Start der staatlichen Förderung ab 2020 eine Gründungswelle gegeben, ist diese zuletzt stark abgeebbt, laut Branchenverband Game in den letzten drei Jahren um rund 65 Prozent. Wurden 2020 noch 93 neue Unternehmen in Deutschland gegründet, waren es im vergangenen Jahr nur noch 33.
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