Berlin: Wo Adler zu Miethaien werden

Linke kürt Adler Group zum »dreistesten Vermieter« Berlins

  • Moritz Aschemeyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach Enteignungsforderungen, geplatztem Mietendeckel und Demonstrationen machen Vermieter weiterhin Kasse
Nach Enteignungsforderungen, geplatztem Mietendeckel und Demonstrationen machen Vermieter weiterhin Kasse

Asbest, Schimmel, Legionellen, dazu Nebenkostenabrechnungen von mehreren tausend Euro und mangelhafte Kommunikation – was viele Berliner Mieter tagtäglich in den Wahnsinn oder die Selbstorganisation treibt, wurde erstmals prämiert. Für das Publikum bei der Kür des »goldenen Miethais« am Dienstagabend waren diese von Mieterinitativen bei der Adler Group vorgetragene Missstände ausschlaggebend, um das hochverschuldete luxemburgische Immobilienunternehmen auf den ersten Platz zu wählen. Der Tenor: Adler versuche, sich auf dem Rücken der Mieter zu sanieren. Auch bei der dreiköpfigen Jury, die aus der wohnungspolitischen Sprecherin der Linken im Bundestag Caren Lay (MdB), dem Linke-Politiker Pascal Meiser sowie einem Aktivisten der Initiative »Deutsche Wohnen & Co enteignen« zusammensetzte, überzeugte Adler. Meiser erklärte, nach den Kriterien Mieterhöhungen, mangelnde Instandhaltung und Nebenkosten entschieden zu haben. »Adler hat in allen Dimensionen den Vogel abgeschossen«.

Die Berliner Linke lobte den Negativpreis aus, um auf »skrupellose Profitmaximierung, gnadenlose Mietsteigerungen und ein mehr als flexibles Rechtsverständnis« auf dem Berliner Mietmarkt aufmerksam zu machen. Vergleichbare Aktionen gibt es etwa in München oder Düsseldorf. »Wir wollen uns der Situation mit Spaß nähern, gerade weil wir wissen, wie hart die Situation für viele Mieter in Berlin ist«, erklärte Initiator Niklas Schenker, wohnungspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus.

Die Nominiertenliste enthielt wohl nicht zuletzt aus Wahlkampfgründen auch den regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU), der auf den zweiten Platz gewählt wurde. Schenker, Lay und Meiser wollen in den Bundestag einziehen und einen bundesweiten Mietendeckel einführen, gegen dessen Berliner Version die Wegner-CDU einst erfolgreich klagte. Begründet wurde die Nominierung Wegners indes mit der Neufassung der Kooperationsvereinbarung des schwarz-roten Senats mit den landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU), die seit diesem Jahr gilt. Sie ermöglicht Mietsteigerungen von 2,9 Prozent pro Jahr, durchschnittlich über den Bestand verteilt. In der Folge wurden hunderttausende Mieterhöhungen durch die LWU ausgesprochen. »Auf dem Höhepunkt der Mietenkrise ist das unverschämt«, so Lay.

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Auf dem dritten Platz landete der Immobilienunternehmer Gijora Padovicz, der in den 90er Jahren großflächig Immobilien in Ostberlin kaufte und seither durch die gewinnträchtige Praxis der Verdrängung von Altmietern in der Kritik steht. Padovicz machte unter anderem durch die Räumung des Hausprojekts »Liebig 34« in Friedrichshain, umstrittene Bauvorhaben an der Rummelsburger Bucht sowie auslaufende Mietverträge von Clubs wie der »Wilden Renate« und dem »Watergate« Schlagzeilen.

Monatelang hatte Niklas Schenker mit einer Onlinekampagne nach »Berlins dreistestem Vermieter« gesucht. Über 150 Erfahrungsberichte seien so zusammengekommen, sagte Schenker zu »nd«. »Wir haben uns bei den Nominierungen auf die Großen konzentriert, bereiten aber derzeit einen Vermieterpranger vor, um der Fülle an dreisten Vermietergeschichten gerecht zu werden.«

Sämtliche Preise wurden in Abwesenheit vergeben. Hieran war jedoch kein Boykott schuld. »Die antworten ihren Mietern schon kaum« rechtfertigte Schenker diese Entscheidung gegenüber »nd«. Zudem habe man ein Erscheinen als unrealistisch angesehen. Für die Übergabe der Preise werde man sich aber zeitnah um Termine bei den Gewinnern bemühen.

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