Kürzungen in Berlin: Sparprogramm steht fest

Nach langem Hin und Her verabschiedet das Abgeordnetenhaus den Kürzungshaushalt 2025

Proteste gegen die von der schwarz-roten Koalition beschlossenen Kürzungen
Proteste gegen die von der schwarz-roten Koalition beschlossenen Kürzungen

Das 29-Euro-Ticket, Zuwendungen für freie soziale Arbeit, die Hochschulen, der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs – nur ein Auszug der Bereiche und Posten, die von den Kürzungen des Berliner Senats betroffen sind. Nach langem Bangen und letzten Korrekturen wurde im Abgeordnetenhaus am Donnerstag nun nach namentlicher Abstimmung der Nachtragshaushalt für 2025 verabschiedet. Drei Milliarden Euro müssen eingespart werden, zwei Drittel über Kürzungen, gut ein Drittel über »alternative Finanzierungsmodelle«, wie etwa Kredite landeseigener Unternehmen.

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) verteidigt die Einschnitte. Man habe »schmerzhafte Entscheidungen« in allen Bereichen treffen müssen. »Wir würden auch sehr gerne auf Einsparungen verzichten.« Diese seien aber notwendig. Die Kürzungen waren durch die Schuldenbremse notwendig geworden. Diese verbietet weitestgehend, dass die Bundesländer neue Schulden aufnehmen. Wegner spricht sich in seiner Rede für eine Reform dieses Gesetzes aus, holt aber gleichzeitig zur Kritik vor allem an den oppositionellen Grünen aus: »Ich meine damit nicht, dass wir auch in Zukunft die konsumptiven Ausgaben weiter aufblähen. Dass wir irgendwelche ideologischen Wunschträume erfüllen.« Alle Ausgaben würden einem Realitätscheck unterworfen.

Die Koalition habe bei den Einsparungen Schwerpunkte gesetzt, so Wegner. Er hebt hervor, dass bei Polizei, Feuerwehr und Justiz nicht gespart werde: »Wir stärken die Sicherheit in Berlin.« Auch stärke man die Bildung, wie etwa mit dem Kita-Chancenjahr, und die »soziale Stadt« sowie die Bezirke. Letztere seien von den Kürzungen ausgenommen. Die eigene Koalition lobt Wegner dafür, dass sie ihre Auseinandersetzungen nicht nach außen getragen habe: »Wir ringen intern und gehen erst mit Ergebnissen nach draußen.«

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»Die Aufgabe war gewaltig, aber diese Koalition hat die Aufgabe bewältigt«, lobt SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Der von der Koalition gewählte »behutsame Weg« sei der, der garantiert habe, dass die Stadt nicht angezündet worden sei. Saleh hebt hervor, was doch nicht von Kürzungen betroffen sei: Man habe die Tarifanpassungen und die freien Träger mitgenommen und Jugendzentren und viele Kulturprojekte abgesichert, so der SPD-Politiker. »Ich bin den Expertinnen und Experten dankbar, dass sie uns die Möglichkeit gegeben haben, an diesen Stellen nachzubessern.«

Die Opposition kritisiert hingegen die Vorgehensweise des Senats. Der Regierende Bürgermeister habe sich »nach einem Jahr Untätigkeit hingestellt und Haushaltskürzungen in Milliardenhöhe gefeiert, weil sie ohne Streit beschlossen worden sind«, sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bettina Jarasch. »Sie kürzen gemeinsam ohne jeden Plan. Und dann dürfen die Koalitionsfraktion einzelne Kürzungen abmildern, um sich als Wohltäter darzustellen.« Bis heute sei nicht klar, was genau wo und in welcher Höhe gekürzt werde. Freie Träger wüssten noch immer nicht, ob sie 2025 Geld bekommen oder nicht, so Jarasch weiter.

»Sie kürzen gemeinsam ohne jeden Plan.«

Bettina Jarasch (Grüne)
Fraktionsvorsitzende

Anne Helm, Fraktionsvorsitzende der Linken, schlägt in eine ähnliche Kerbe. »Sie haben viele Träger der sozialen und kulturellen Arbeit ein Jahr lang in Unsicherheit gelassen, indem sie deren Zuwendungsbescheide auf ein paar Monate befristet haben«, so Helm. Wegen weiter laufender Verträge und Kündigungsfristen müssten diese unverschuldet in die Insolvenz gehen. Helm kritisiert auch, dass der Senat die vorhandenen Spielräume nicht ausnutzt. Selbst mit Schuldenbremse könnte er noch eine Milliarde Euro an Kredit aufnehmen. »Warum nutzen Sie das nicht?«, fragt die Linke-Politikerin. Ein entsprechender Änderungsantrag zum Haushalt wird dann mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt.

Während der Debatte im Abgeordnetenhaus protestieren vor dem Gebäude mehrere tausend Menschen. Nachdem es bei Protesten in den vergangenen Wochen vor allem um die Kürzungen in Kultur und im sozialen Bereich gegangen ist, stehen dieses Mal die Hochschulen im Fokus. Zuletzt war angekündigt worden, dass bei diesen insgesamt 142 Millionen Euro gespart werden sollen.

Auch den Studierenden droht Ungemach. Das Studierendenwerk etwa muss mit 6,5 Millionen Euro weniger an Zuschüssen auskommen. Diese Einsparung wird umgelagert: Die rund 170 000 Studierenden in der Stadt müssen voraussichtlich 22 Euro mehr für ihren Semesterbeitrag zahlen, was auf das Jahr hochgerechnet in etwa dem gekürzten Betrag entspricht. »Es muss hinterfragt werden, wo der Berliner Senat Prioritäten setzt, wenn gerade bei Studierenden gekürzt wird«, sagen die Sprecher*innen der Landesastenkonferenz. »Wir wollen ein Berlin, in dem wir gut und gerne lernen.«

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