Triumph für Salvini

Freispruch für Italiens Vize-Regierungschef in Prozess um »Open-Arms«-Blockade

  • Lesedauer: 3 Min.
Italiens Vize-Ministerpräsidenten Salvini war Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch vorgeworfen worden.
Italiens Vize-Ministerpräsidenten Salvini war Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch vorgeworfen worden.

Palermo. Der Chef der fremdenfeindlichen Lega und italienische Vize-Regierungschef Matteo Salvini ist am Freitagabend im Prozess um die Blockade eines Flüchtlings-Rettungsschiffes von einem Gericht in Palermo auf Sizilien freigesprochen worden. Salvini waren Amtsmissbrauch und Freiheitsberaubung vorgeworfen worden. Als Innenminister hatte er 2019 der »Open Arms« drei Wochen lang die Einfahrt in den Hafen von Lampedusa verweigert.

Vor der Urteilsverkündung hatte Salvini sein Vorgehen verteidigt und gesagt, er würde heute genauso handeln. Die Blockade hatte damals weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Die Migranten konnten das Schiff erst verlassen, nachdem die italienische Staatsanwaltschaft dies angeordnet hatte.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine sechsjährige Haftstrafe für Salvini gefordert. Das Schiff der spanischen Organisation »Open Arms« lag damals mit über 160 Migranten vor Lampedusa, durfte aber nicht in den Hafen. Menschen sprangen ins Wasser und versuchten, an Land zu schwimmen.

Salvini ist heute Verkehrsminister. Als Vize-Regierungschef gehört der 51-Jährige zu den zentralen Figuren der Koalition von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni von der postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia. Die Regierungschefin beglückwünschte ihren Koalitionspartner nach dem Freispruch. »Ein Urteil, das zeigt, wie unbegründet und surreal die gegen ihn erhobenen Vorwürfe waren«, sagte Meloni laut einer Mitteilung.

Auch aus dem europäischen Ausland erreichten den rechtsextremen Lega-Politiker Glückwünsche. »Die Gerechtigkeit hat gesiegt! Bravo, Matteo Salvini!«, schrieb Ungarns Regierungschef Viktor Orbán bei X nach der Verkündung in Palermo.

Nach dem Freispruch zeigte sich Salvini glücklich: »Nach drei Jahren hat die Lega gewonnen, Italien hat gewonnen, die Verteidigung des Vaterlandes ist kein Verbrechen, sondern ein Recht. Ich werde noch entschlossener vorgehen als zuvor«, sagte er vor seinen Anhängern, die im Gerichtssaal auf das Urteil warteten und nach der Verkündung der Richter applaudierten.

Der Direktor von »Open Arms«, Oscar Camps, kündigte an, zunächst auf eine Erklärung der Beweggründe der Richter zu warten. Man hoffe, dass die Staatsanwaltschaft Berufung einlege, sagte er. »Die Trauer gilt vor allem den Menschen, die, wie wir von Anfang an gesagt haben, ihrer Freiheit beraubt wurden.« Mit diesem in der italienischen Geschichte einmaligen Prozess hätten die Aktivisten den Migranten von damals ihre Würde zurückgeben wollen. Salvini selbst hatte sich vor dem Urteil als Opfer einer politisierten Justiz bezeichnet.

Beobachter hatten zunächst mit einer Verurteilung zu einer mehrjährigen Haftstrafe gerechnet. Salvini erklärte mehrfach, er wolle auch bei einer Haftstrafe im Amt bleiben. Meloni hatte ihm im Falle einer Verurteilung vorab schon ihre Solidarität versichert. Im Parlament sagte sie erst diese Woche: »Salvini kann mit der Unterstützung der gesamten Regierung rechnen.« Auch weitere Koalitionspartner der Rechtsallianz in Rom zeigten sich solidarisch.

2018/19 war Salvini Innenminister einer Mitte-Rechts-Regierung. Damals machte er sich durch sein Vorgehen gegen Hilfsorganisationen, die Flüchtlinge aus Booten im Mittelmeer an Bord nehmen, auch international einen Namen. Zeitweise kam seine Partei in Wahlen auf mehr als 30 Prozent. Inzwischen liegt die Lega jedoch deutlich hinter Melonis Partei. In aktuellen Umfragen kommt sie auf etwa 9 Prozent.

Italien gehört zu den Ländern, die von der Migration übers Mittelmeer besonders betroffen sind. Vergangenes Jahr wurden an den dortigen Küsten noch mehr als 150 000 Neuankömmlinge registriert, in diesem Jahr waren es deutlich weniger – bislang etwa 65 000. Von den Flüchtlingen, die im Sommer 2019 mit der »Open Arms« schließlich in Lampedusa an Land gehen durften, lebt nach Angaben der Helfer heute ein einziger in Italien. dpa/nd

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