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AfD-Computerspiel »Deutschlandretter24« soll auf den Index
Landeskriminalamt meldet 30 Tonträger, ein Spiel und ein Buch bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien
»2024 – die Bundesrepublik versinkt im Chaos, Masseneinwanderung, Messermänner, Gender-Gaga« und überall Lastenfahrräder. »Können wir Deutschland noch retten? Ja!« So beginnt das Computerspiel. Aufgabe ist es, verschiedene Symbole passend zu sortieren. Gelingt dies, blitzen auch mal Flugzeuge auf und ein Männerchor grölt begeistert: »Abschieben.« Der Spieler erhält drei Punkte.
Mit seiner Grafik und seiner Dudel-Pieps-Musik erinnert »Deutschlandretter 24« an die Spiele für den von 1982 bis 1994 produzierten C64-Heimcomputer von Commodore. Mehr war bei dessen begrenzter Rechenleistung kaum möglich. So viel Text aufsagen konnte der allerdings nicht. Damals war ein einzelnes Wort schon eine Sensation. Das neue Spiel wirkt technisch primitiv. Doch das dürfte dem brandenburgischen Landeskriminalamt (LKA) egal gewesen sein. Es störte sich aber daran, dass Kindern und Jugendlichen suggeriert werde, alle Personen dunkler Hautfarbe müssten ohne Einzelfallprüfung abgeschoben werden. Das LKA beantragte bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, das Spiel auf den Index zu setzen. Das geht aus einer kürzlich vom Potsdamer Innenministerium vorgelegten Bilanz hervor. Demnach meldete das LKA im Jahr 2024 bei der Bundesprüfstelle das Spiel sowie 30 Tonträger und außerdem noch ein Buch der Neonazi-Partei »Der III. Weg«.
Zwischendurch war das Spiel »Deutschlandretter 24« schon mal offline, also nicht verfügbar. Journalisten hätten so lange gedrängt, bis die Internetadresse gesperrt wurde, beschwerte sich die Brandenburger AfD-Jugend. »Ungeheuerlich, aber egal. Wir sind wieder online«, frohlockte sie dann jedoch am 29. September. Die Junge Alternative zeichnet laut Impressum verantwortlich dafür.
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Auf jeden Fall ungeheuerlich ist das Lied »Ich wähl’ die AfD«. Im Text, der sich der Partei allerdings nicht zurechnen lässt, wird dazu aufgerufen, Schwarze totzuschlagen und es heißt dort auch »Deutschland sollte im Zweiten Weltkrieg siegen«.
Das Landeskriminalamt bemüht sich darum, die Verbreitung solcher Musik einzuschränken oder ganz verbieten zu lassen. Seit Mitte der 90er Jahre regte es dies für nahezu 1100 Tonträger an – und in rund 90 Prozent der Fälle komme es auch dazu, wie Innenministerin Katrin Lange (SPD) nun erläutert. Ihr zufolge versuchen Extremisten mit Songtexten »gerade Kinder und Jugendliche für ihre Ideologie zu begeistern«. Lange sagt: »Doch unser Landeskriminalamt hört genau hin und liefert Jahr für Jahr qualitativ hochwertige Arbeit ab.« Die Ministerin spricht von einem »deutlichen Signal gegen Hassmusik« und meint: »Nur mit Aufklärung und konsequentem Eingreifen schaffen wir es, junge Menschen davor zu schützen.«
Die Index-Bilanz des LKA zum Jahreswechsel ist eine Tradition geworden. Immer wieder überwiegt dabei die Kategorie rechtsextremistisch bei Weitem diejenige anstößige Musik, die dem linksradikalen Spektrum zugerechnet wird. 2024 betrug das Verhältnis 23 zu sechs, ein Tonträger entfiel auf die Kategorie ausländerextremistisch. Über die Jahre betrachtet wird das noch deutlicher. So war der Bilanz für 2020 zu entnehmen, dass durch die Bemühungen des LKA insgesamt schon 906 Medien mit rechtsextremistischen Inhalten auf dem Index gelandet waren und nur 66 als linksradikal eingestufte. Damals erklärte die Landtagsabgeordnete Andrea Johlige (Linke): »Hassmusik ist seit vielen Jahren die wichtigste Einstiegsdroge in die rechtsextreme Szene. In Brandenburg gibt es diverse auch überregional aktive rechtsextreme Liedermacher und Bands.« Es sei gut, Hassmusik »konsequent zu melden«.
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