Vorwürfe gegen Gelbhaar: Showdown in Berlin-Pankow

Fünf Bewerber für grüne Direktkandidatur in Pankow

Der Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar muss sich nach Belästigungsvorwürfen Kampfkandidatur stellen.
Der Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar muss sich nach Belästigungsvorwürfen Kampfkandidatur stellen.

Der wegen Belästigungsvorwürfen in Bedrängnis geratene Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar muss sich bei der Wahlversammlung der Grünen in Pankow am Mittwoch einer Kampfkandidatur stellen. Insgesamt fünf Kandidaten werden sich dort nach aktueller Lage zur Wahl für die Direktkandidatur der Grünen für die Bundestagswahl in dem Bezirk stellen.

Der prominenteste Gegenkandidat ist der Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky. Der 49-Jährige sitzt seit 2019 im Europaparlament und wurde bei den Europawahlen im Juni für eine weitere Legislatur gewählt. Der promovierte Jurist gehörte bis 2011 der SPD an, wo er den Arbeitskreis jüdischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gründete. Wegen der Kontroverse um Thilo Sarrazin wechselte er anschließend zu den Grünen.

Neben Lagodinsky kandidiert mit Anna Schneider auch ein Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses für das Direktmandat. »Wir stecken als Kreisverband in einer schwierigen Situation und mich hat zu der Kandidatur bewogen, dass wir im Wahlkampf geeint vorwärts kommen müssen«, sagte sie dem »Tagesspiegel«. Die Verwaltungswissenschaftlerin, die 2021 direkt in das Abgeordnetenhaus gewählt wurde und stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion ist, will sich im Bundestag demnach vor allem mit Umweltpolitik beschäftigen.

Neben Gelbhaar, Lagodinsky und Schneider bewerben sich noch zwei Basismitglieder um die Direktkandidatur: Yüksel Calis und Reginald Grünenberg wollen ebenfalls in den Bundestag, dürften aber bei der Wahlversammlung chancenlos bleiben.

Gelbhaar wurde 2017 zunächst über die Landesliste und 2021 direkt in den Bundestag gewählt. Im Dezember wurden Vorwürfe laut, dass er sich mehrmals übergriffig und belästigend gegenüber Frauen verhalten haben soll. Gelbhaar selbst machte die konkreten Vorwürfe auf seiner Webseite öffentlich. Demnach soll er eine Frau am Kopf festgehalten und gegen ihren Willen geküsst haben. Eine andere Frau soll er nach einer Parteiveranstaltung nach Hause begleitet haben, nachdem sie über Unwohlsein geklagt hat. Dort soll er demnach versucht haben, sie gegen ihren Willen zu entkleiden und zu küssen. Die junge Frau hat demnach den Verdacht geäußert, dass ihr K.-o.-Tropfen ins Getränk gemischt worden sein könnten. Andere Frauen soll Gelbhaar verbal oder über Social Media belästigt haben.

Dem RBB haben mehrere Frauen teilweise anonym, teilweise eidesstattlich versichert, von Gelbhaar belästigt worden zu sein. Er selbst streitet die Vorwürfe dagegen ab und bezeichnet sie als »eine in Teilen geplante Aktion«. Der Kreisverband setzte eine erneute Wahlversammlung an, nachdem Gelbhaar vor Bekanntwerden der Vorwürfe im Dezember bereits gewählt worden war. Sowohl die Kreis- als auch die Landesspitze hatten Gelbhaar aufgefordert, auf die Kandidatur zu verzichten, was dieser ablehnte.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -