CSU-Klausur in Seeon: Rechte Populisten unter sich

Unionsparteien zelebrieren in Kloster Seeon Wahlkampfauftakt mit den üblichen Themen

Demonstrierten am Mittwoch in Seeon Geschlossenheit: CSU-Landesgruppenchef Dobrindt, CDU-Chef Merz und der CSU-Vorsitzende Söder
Demonstrierten am Mittwoch in Seeon Geschlossenheit: CSU-Landesgruppenchef Dobrindt, CDU-Chef Merz und der CSU-Vorsitzende Söder

Sein Bonmot von 2003, dass eine Steuererklärung auf einen Bierdeckel passen müsse, wiederholte CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz am Mittwoch am oberbayerischen Tagungsort der CSU-Landesgruppe im Bundestag nicht. Doch eine grundlegende Steuerreform, die ganz nebenbei die Wohlhabenden und Unternehmen entlasten soll, bleibt eines seiner Kernthemen.

Zum Abschluss der Klausur der Freunde von der Schwesterpartei gab es einen gemeinsamen Auftritt des CDU-Vorsitzenden mit seinem CSU-Amtskollegen Markus Söder und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Das alljährliche Treffen in Kloster Seeon markierte dieses Mal den offiziellen Startschuss in die heiße Phase des Bundestagswahlkampfes.

Dobrindt betonte: »Wir marschieren im Gleichschritt auf diese Bundestagswahl zu.« CDU und CSU seien »der einzige Garant für einen Politikwechsel«. Die Ampel habe »Deutschland in Unordnung gebracht, wir sind die Kraft, die es wieder in Ordnung bringt«. Söder erklärte, am 23. Februar solle das »Kapitel Scholz, das Kapitel Ampel beendet werden« und eine »neue Ära« beginnen. An Merz gerichtet sagte der CSU-Chef: »Du hast unsere hundertprozentige Unterstützung. Wir wollen, dass du Bundeskanzler wirst und eine neue Bundesregierung bildest.«

Merz nannte vier Felder, auf denen eine von ihm geführte Regierung schnell Maßnahmen ergreifen will. Das Wichtigste neben dem Steuersystem: »die Wirtschaftspolitik«. Hier gab es explizite Kritik an den Grünen und deren Wirtschaftsminister Robert Habeck. Nachdem er sich die aktuellen Wachstumsparameter genauer angeschaut habe, sei sein »innerer Abstand zu denen, die das zu verantworten haben, noch einmal deutlich größer geworden«, teilte der CDU-Chef mit. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Grünen für ihn eher dritte Wahl sind, wenn es um die Auswahl des künftigen Koalitionspartners geht.

Doch nicht nur die Grünen sind für Merz schuld an der schwächelnden Konjunktur, sondern auch die »überbordende Bürokratie in der EU«, deren Kommission mit Ursula von der Leyen allerdings eine Parteifreundin des Kanzlerkandidaten führt, und zwar bereits in der zweiten Legislatur.

Das »zweite große Thema« der Union sei das Bürgergeld, das man »vom Kopf auf die Füße stellen« und zu einer »neuen Grundsicherung« für »diejenigen, die wirklich bedürftig sind«, umbauen wolle. Wer arbeiten könne, müsse das auch tun, sagte Merz, suggerierend, dass alle Erwerbslosen ohne »Vermittlungshemmnis« grundsätzlich wenig Interesse haben, wieder in Arbeit zu kommen.

»Wenn wir die illegale Migration nicht stoppen, werden wir über Wohnungsbau und Schulpolitik gar nicht mehr reden können.«

Friedrich Merz CDU-Vorsitzender

An erster Stelle steht für die Union selbstredend eine äußerst restriktive Asyl- und Migrationspolitik. Afghanen, die einst für die Bundeswehr und andere deutsche Institutionen gearbeitet haben, wollen CDU und CSU nicht mehr ins Land lassen, obwohl es diesbezüglich eine – ebenfalls nicht umgesetzte – Zusage der Ampel gibt. Die »illegale Migration« müsse gestoppt werden, bekräftigte Merz. Andernfalls werde man über »Wohnungsbau und Schulpolitik gar nicht mehr reden können«. Ohne den Namen Angela Merkel zu nennen, betonte er: »Ich weiß, welche Fehler meine Partei in den Jahren ’15, ’16, ’17 gemacht hat. Wir werden sie grundlegend korrigieren.«

Volle Rückendeckung von der CSU hat Merz auch für seine von Juristen als grundgesetzwidrig eingestufte Forderung, eingebürgerten Ausländern mit zwei Pässen bei Straffälligkeit die deutsche Staatsbürgerschaft wieder zu entziehen.

Wer künftig mit der Union regieren wolle, müsse sich bei den genannten Themen ändern, verkündete der Unions-Spitzenkandidat. »Wenn sie sich nicht ändern wollen, dann bleiben sie am Wegesrand stehen.« Damit reagierte er auf die Nachfrage, ob er auch für eine Koalition mit den Grünen nach der Wahl am 23. Februar offen sei.

Dass ihre Verteufelung von Wirtschaftsminister Robert Habeck als das »Gesicht der Krise in Deutschland« (O-Ton Dobrindt) und der Grünen durch Fakten nicht gedeckt ist, bekam die Union in Seeon derweil gleich zweimal zu hören. So bemängelte die Präsidentin des Verbandes Die Familienunternehmer, Marie-Christine Ostermann, dass es seit 20 Jahren keine grundlegenden Reformen für eine bessere Wettbewerbsfähigkeit gegeben habe. »Die letzte große Reform war die Agenda 2010, damals allerdings durchgeführt von Roten und Grünen.« Und auch die zu einem Vortrag in Seeon geladene Veronika Grimm, Angehörige des Wirtschaftssachverständigenrats der Bundesregierung, teilte mit: »Die aktuelle Wirtschaftsmisere, eines der zentralen Wahlkampfthemen, hat ihre Wurzeln zumindest teilweise bereits in Zeiten von Unionsregierungen.« mit Agenturen

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