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Büffel in Hönow: Jetzt Maul- und Klauenseuche
Drei Wasserbüffel in Hönow verendet. Herde muss getötet werden, um Katastrophe abzuwenden
In Hönow im Kreis Märkisch-Oderland ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. Drei Wasserbüffel sind dort verendet. Der Verdacht, dass sie der hochansteckenden Seuche erlagen, kam am Donnerstagnachmittag auf. Am Freitagmorgen bestätigte das Friedrich-Löffler-Institut nach der Laboranalyse, dass es sich tatsächlich so verhält. »Wir haben den Befund nun offiziell«, sagte Brandenburgs Agrarministerin Hanka Mittelstädt (SPD). Der Fall überschattete am Freitag einen ihrer Termine. Mittelstädt wollte um 10 Uhr in der Potsdamer Staatskanzlei gemeinsam mit dem Bauernverband und anderen eigentlich nur darüber informieren, wie sich Brandenburg ab dem 16. Januar auf der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin präsentiert. Doch die Politikerin kam aus aktuellem Anlass sofort auf Hönow zu sprechen.
In Deutschland ist die Maul- und Klauenseuche zuletzt 1988 aufgetreten. In der DDR waren 1982 die Bezirke Rostock, Schwerin und Neubrandenburg betroffen, die heute im Land Mecklenburg-Vorpommern vereint sind. Im heutigen Brandenburg gab es beispielsweise im Winter 1962/63 einen Ausbruch in einem Dorf bei Rathenow. Für Menschen ist diese Tierseuche nicht gefährlich. Unter den hygienischen Bedingungen in Europa müssen sie beim Verzehr von Fleisch und Milch keine Bedenken haben. Das Virus kann allerdings auf der Kleidung viele Monate überdauern und dann wieder auf Tiere übertragen werden. Wenn erwachsenes Nutzvieh eine Infektion überlebt, so kommt es bei ihm zu einem erheblichen Leistungsabfall. Das heißt, dass Kühe dann zum Beispiel sehr viel weniger Milch geben. Medikamente dagegen gibt es nicht. Tierärzte können erkrankte Tiere nicht behandeln.
Wenn die Maul- und Klauenseuche nicht schnell eingedämmt wird, ist das für die Landwirtschaft eine Katastrophe. Als die Krankheit 2001 in Großbritannien wütete, mussten dort bis zu zehn Millionen Tiere getötet werden. Der dadurch entstandene Schaden summierte sich auf umgerechnet 12,7 Milliarden Euro. Zum Vergleich: In Deutschland werden 10,5 Millionen Rinder, 21,2 Millionen Schweine und 1,5 Millionen Schafe gehalten.
»Wir haben den Befund nun offiziell.«
Hanka Mittelstädt Agrarministerin
Der Seuche zum Opfer fallen können alle Geschöpfe, die Klauen haben: Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen, auch Zoo- und Wildtiere. Infiziert sich ein Tier, muss seine gesamte Herde getötet werden. Die Kadaver sind fachgerecht zu beseitigen, damit sich die Seuche nicht ausbreitet. Zunächst trifft dieses Schicksal nun einen Bestand von elf Wasserbüffeln in Hönow. Die notwendigen Schritte sind nach Angaben von Ministerin Mittelstädt am Freitagmorgen bereits in die Wege geleitet worden. Es werde ein Sperrkreis von mindestens drei Kilometern und eine Überwachungszone von wenigstens zehn Kilometern eingerichtet, sagte Mittelstädt. Das reicht von Märkisch-Oderland bis in den benachbarten Landkreis Barnim und auch in die Hauptstadt hinein. Denn an diese schmiegt sich Hönow ja an, der gleichnamige U-Bahnhof liegt bereits auf Berliner Territorium. Eine der bangen Fragen war am Freitag, ob nicht auch schon der Landkreis Oder-Spree in einem Fall von Maul- und Klauenseuche betroffen ist.
Dies alles ereignet sich in einer ohnehin schon schwierigen Lage für die Landwirte. »Die Stimmung ist getrübt, mehr als getrübt«, sagte Denny Tumlirsch, Hauptgeschäftsführer des brandenburgischen Bauernverbands. »Die Stimmung ist sicher nicht besser als im vergangenen Jahr.« Im Winter 2023/2024 hatten Bauernproteste Deutschland und Brandenburg erschüttert. Landwirte kippten Mist auf Straßen und Plätze ab und blockierten Landstraßen und Autobahnen mit Strohballen und ihren Traktoren. Die Wut entzündete sich an der vom damaligen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verteidigten Streichung der Subventionen für Agrardiesel. Die volle Steuer auf Dieselöl war bislang für Landwirte um etwas mehr als 21 Cent je Liter ermäßigt, was Lindner als Sparmaßnahme für den Bundeshaushalt abschaffen wollte. Als Unding betrachteten das die Landwirte, die ohnehin gebeutelt waren von einer Krise, die durch die Corona-Pandemie ausgelöst und vom Krieg in der Ukraine befeuert wurde. Es ging den Bauern dann auch schnell um ihre insgesamt belämmerte Situation.
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Die Versprechungen, die Politiker damals machten, um die Gemüter zu beruhigen, seien nicht gehalten worden, beschwerte sich Hauptgeschäftsführer Tumlirsch am Freitag. Vor der Bundestagswahl am 23. Februar verheißen verschiedene Parteien nun zwar wieder Ermäßigungen für den Agrardiesel. Aber keine gehe so weit, zu den rund 21 Cent Entlastung je Liter von einst zurückkehren zu wollen, beklagte Tumlirsch.
Die Bauern benötigen den Diesel für ihre Landmaschinen. Bekommen sie ihn nicht billiger, müssten sie mehr für Getreide, Kartoffeln, Fleisch und Gemüse verlangen. Was sie wirklich bekommen, steht auf einem anderen Blatt. Von den seit 2020 förmlich explodierten Lebensmittelpreisen haben die Landwirte fast nichts, bedauerte Tumlirsch. »Das, was an der Theke bezahlt wird, kommt nicht beim Erzeuger an.« Der Hauptgeschäftsführer sagte auch: »Wir hatten zwischenzeitlich einen sehr vernünftigen Milchpreis, der dann erheblich abgesackt ist.« Auf der anderen Seite stöhnen die Bauern genauso wie andere Verbraucher unter hohen Energiepreisen. Die Einkommen der ostdeutschen Landwirte haben sich im vergangenen Jahr »halbiert«, berichtete Tumlirsch.
Kaum besser und nur »mau« ist die Stimmung bei den Biobauern, wie Michael Wimmer sagte. Mittlerweile wirtschafte jeder fünfte Agrarbetrieb in Brandenburg nach den Kriterien des Biolandbaus, erklärte der Chef der hiesigen Fördergemeinschaft ökologischer Landbau. Von Konventionell auf Bio umzustellen, plane aber derzeit kaum ein Bauer im Bundesland. Damit steuern Berlin und Brandenburg schon wieder auf einen Engpass bei der Versorgung mit regionalen Biolebensmitteln zu, sagte Wimmer voraus. Die Lieferanten dürften dann wieder mehr verlangen. »Die Preise waren im Keller, aber ich sehe jetzt Licht am Ende des Tunnels.«
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