- Politik
- Naher Osten
Waffenruhe in Gaza: Israel entlässt palästinensische Häftlinge
Hilfslieferungen im weitgehend zerstörten Küstenstreifen sind angelaufen
Gaza. Nach der Freilassung von drei israelischen Geiseln durch die islamistische Hamas hat Israel in der Nacht gemäß dem Gaza-Abkommen 90 Palästinenser aus der Haft entlassen. Das gab die israelische Gefängnisbehörde bekannt. Die meisten von ihnen sollen Frauen und Minderjährige sein. Am Tag zuvor war am Vormittag nach mehr als 15 Monaten Krieg eine Waffenruhe im Gazastreifen in Kraft getreten. Während die Geiseln Romi Gonen (24), Emily Damari (28) und Doron Steinbrecher (31) wieder mit ihren Familien vereint sind, liefen im weitgehend zerstörten Gazastreifen laut örtlichen Sicherheitskräften verstärkte Hilfslieferungen für die Bevölkerung an, deren Lage weiterhin katastrophal ist.
Die Waffenruhe soll zunächst sechs Wochen gelten. In der ersten von drei Phasen einer unter Vermittlung Katars, Ägyptens und den USA ausgehandelten Vereinbarung sollen 1904 palästinensische Häftlinge gegen 33 von insgesamt 94 Geiseln freikommen. Ob ein dauerhaftes Ende der Kämpfe erreicht werden kann, hängt jedoch von weiteren Verhandlungen ab, die in gut zwei Wochen beginnen sollen. Werde keine Einigung erzielt, könnte Israel wieder seine Kriegshandlungen aufnehmen. Das hatte Regierungschef Benjamin Netanjahu bereits angedroht.
Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.
Im schwer verwüsteten Gazastreifen verbrachten die notleidenden Menschen derweil die erste Nacht seit mehr als einem Jahr, in der die Waffen schwiegen. Im Rahmen der Waffenruhe muss sich die israelische Armee aus den Bevölkerungszentren des abgeriegelten Küstenstreifens zurückziehen. Große Teile liegen in Schutt und Asche. Nach Angaben der dortigen Gesundheitsbehörde kamen mehr als 46.900 Menschen ums Leben.
Arabischen Medienberichten zufolge waren nach Beginn der Feuerpause die ersten knapp 200 Lastwagen auf dem Weg in das Gebiet. Die Weltgesundheitsorganisation und ihre Partner wollen während der Waffenruhe versuchen, Teile des Gesundheitssystems wieder funktionstüchtig machen. Nur die Hälfte der Hospitäler in Gaza sei teilweise arbeitsfähig, hieß es. Fast alle Kliniken seien zerstört oder beschädigt. »Die Übertragung von Infektionskrankheiten hat massiv zugenommen, die Unterernährung nimmt zu und die Gefahr einer Hungersnot bleibt bestehen«, hieß es weiter.
Bei den kommenden Verhandlungen geht es um die größten Streitpunkte, die bisher ausgeklammert wurden. Die Hamas fordert den vollständigen Abzug der israelischen Armee aus dem Küstenstreifen und eine Garantie, dass die Kämpfe dauerhaft beendet sind. Netanjahu hingegen besteht auf der Zerschlagung der Hamas. Ein Stolperstein könnte die Frage sein, welche Häftlinge Israel in einer zweiten Phase im Austausch für die restlichen Geiseln freilassen soll. 34 der Geiseln in Gaza sind vermutlich bereits tot. dpa
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.