Amtseinführung mit Hitlergruß: Der erste Tag im neuen Faschismus

Ist es der erste Tag der neuen faschistischen Ära? Die Inauguration Trumps macht es für Friedrich Burschel schwer, nicht einige Parallelen zu sehen

  • Friedrich Burschel
  • Lesedauer: 3 Min.
Tesla- und SpaceX-CEO Elon Musk mit eindeutigem Gruß.
Tesla- und SpaceX-CEO Elon Musk mit eindeutigem Gruß.

Heute fällt es mir besonders schwer, von den Feldpostbriefen meiner Großeltern (1939–1943) keine Verbindung zu sehen zu dem, was sich gerade als Sprung in den big-tech-befeuerten Faschismus in den USA abspielt. Die Verzückung von Millionen für den Horror-Clown Trump und seine milliardenschwere Entourage gleicht dem, was meine Großmutter Maria am 16. März 1942 – einem Gottesdienst gleich – von der Übertragung des Heldengedenkens im Radio mit Hitler schreibt: »Mich hat es unsagbar ergriffen. Und wie schon so oft, stand ich dann mit dankbarem, flehendem und andächtigem Herzen vor seinem Bilde. Dann habe ich wohl die Hände inbrünstig und glaubensvoll gefaltet – dann lege ich wohl meinen Kopf darauf – dann weine ich wohl auch immer das Herz mir ein wenig frei.«

Einzig die zum Fremdschämen auf die Spitze getriebene Albernheit der Beteiligten in Washington, die im augenscheinlichen Hitlergruß Elon Musks gipfelten, unterscheidet die fatale Schmierenkomödie in den USA von dem mörderischen Ernst des deutschen Nationalsozialismus mitten im alles verschlingenden Vernichtungskrieg.

Friedrich Burschel
privat

Friedrich Burschel ist Autor und publiziert vor allem zu den Themen Faschismus und Neue Rechte.

Adorno hat es 1967 auf den Punkt gebracht: »Man sollte nun daraus aber nicht etwa die primitive Folgerung ziehen, dass deswegen der Nationalismus, wegen dieser Überholtheit, keine entscheidende Rolle mehr spielt, sondern im Gegenteil, es ist ja oft so, dass Überzeugungen und Ideologien gerade dann, wenn sie eigentlich durch die objektive Situation nicht mehr recht substantiell sind, ihr Dämonisches, ihr wahrhaft Zerstörerisches annehmen.« Mir stockt auch der Atem, wenn ich wahrnehme, in welch reglosen Starre sich alles befindet, was eben noch von »democracy« und »wehrhafter Demokratie« schwafelte. In den USA: Vor ein paar Tagen gab es eine Anti-Trump-Demo in Washington mit »mehreren Tausend« Trumpgegner*innen. Ein Hoch auf die paar Aufrechten – aber wo sind die Massenbewegungen? Wo ist auch der Protest in Europa? Wo sind wir? Wo bin ich?

Sebastian Haffner schreibt in »Geschichte eines Deutschen« treffend: »Man begegnet sich und der Welt mit einer ›erschlafften Gleichgültigkeit‹, einer masochistischen Bereitwilligkeit, sich dem Teufel einfach zu überlassen. Das Bürgertum strotzt vor dieser perversen ›Wollust der Selbstaufgabe‹.« Und es schon immer gesagt und davor gewarnt zu haben, trägt einem eher Backpfeifen ein, wie Tadzio Müller schreibt: »Fürs Rechtgehabthaben kannste Dir in einer irrationalen Verdrängungsgesellschaft nix kaufen, im schlimmsten Fall kriegste dafür eine aufs Maul.«

Was müssen wir tun, um in der einbrechenden Nacht noch rechtzeitig Lichter anzuzünden? Es scheint, als sei es für so vieles einfach schon zu spät. Aber müssen wir dann nicht erst recht alles in Bewegung setzen, um uns zu wappnen für die kommenden Angriffe? Zu warten, dass es einem die bürgerliche Gesellschaft richtet, war nie fataler als jetzt: Die Leute aus den alten Parteien wittern Morgenluft für ihre eigene reaktionäre Agenda – personifiziert in niemandem so sehr wie im kommenden Kanzler Friedrich Merz – und merken dabei nicht, dass es der Blutgeruch aus dem Maul des Monsters ist, das sie im Begriff ist, zu verschlingen. Radikale linke, emanzipatorische Politik und Aktivismus heißt jetzt Selbstschutz organisieren, politisch um sich schlagen, bis es schmerzt. Worauf zum Henker warten wir?

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