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Rassistischer Diskurs nach Aschaffenburg
Sebastian Weiermann will, dass nach Aschaffenburg andere Fragen gestellt werden
Vor einigen Jahren wurde es Neonazis verboten bei ihren Aufmärschen »Ausländer raus!« zu brüllen. Die Nazis bedienten sich danach eines Tricks. Leise riefen sie »kriminelle« und danach laut: »Ausländer raus!« Das ist legal und heute offensichtlich keine Forderung mehr, die die extreme Rechte exklusiv hat. Friedrich Merz hat in Reaktion auf die schreckliche Bluttat von Aschaffenburg einen »Ausländer raus!«-Fünf-Punkte-Plan vorgestellt. In Trump’scher Manier kündigte er für seinen ersten Tag als Kanzler an, Grenzkontrollen anzuordnen und ein »faktisches Einreiseverbot« zu verhängen. Im Land will er die Abschiebehaft massiv ausbauen.
Forderungen nach mehr und schnelleren Abschiebungen stellen fast alle Parteien. Die Taten von Mannheim, Solingen, Magdeburg und jetzt Aschaffenburg werden trotz aller Unterschiede im Diskurs miteinander vermengt. Nicht konkrete Fragen, wie es zu den einzelnen Taten kam, werden gestellt, sondern nur noch eine Feststellung getroffen: Die Täter waren Migranten.
Dabei gibt es Fragen, die sich geradezu aufdrängen: Wie intensiv war die psychiatrische Behandlung des Verdächtigen von Aschaffenburg? Gab es in der Unterkunft, in der er lebte, eine sozialarbeiterische Betreuung? Welche Perspektiven werden Geflüchteten überhaupt eröffnet? Kurz, es wäre gut, wieder darüber nachzudenken, wie ein Zusammenleben in dieser Gesellschaft aussehen kann und welche Voraussetzungen es dafür braucht. Den Spaltungsdiskurs gewinnt nämlich nur die AfD. Ihr völkisches Konzept der »Remigration« bietet die weitgehendste »Lösung« für vermeintliche Einwanderungsprobleme. Friedrich Merz kann da nur verlieren, selbst wenn er in Trump-Manier auftritt.
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