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CDU: Zu viele katholische Männer aus Nordrhein-Westfalen
Friedrich Merz hat ein Problem: Zu viele Männer aus seiner Heimat drängen ins Kabinett
Zwar steht die Vergabe von Posten in der künftigen schwarz-roten Bundesregierung erst ganz am Ende der Koalitionsverhandlungen, in Parteien und Medien kursiert seit dem Wochenende aber eine erste Liste, wie die Bundesregierung aussehen könnte. Dass das Kabinett von Friedrich Merz wirklich so zustande kommt, ist allerdings unwahrscheinlich. Bei früheren Regierungsbildungen stellte es sich für potenzielle Minister*innen oft als Nachteil heraus, wenn über ihre Namen zu früh und zu laut gesprochen wurde.
Eine Personalie, die diesmal von diesem Phänomen betroffen sein könnte, ist der frühere CDU-Kanzlerkandidat und ehemalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet. Vor ein paar Wochen wurde der Aachener noch als potenzieller Bundestagspräsident gehandelt, sogar einige Grüne warben für ihn, dann bekam aber Julia Klöckner das Amt. Der nächste Posten, für den Laschet sich in einem Podcast der »Bild« quasi aufdrängte, war der des Außenministers. »Wer sich außenpolitisch engagiert, würde das auch da machen, wo es möglich ist«, so Laschets Aussage. Nach der Bewerbung für dieses Ministeriums wurde allerdings bekannt, dass Laschet im vergangenen Jahr mit beinahe 100 Stundenkilometern durch Aachen gefahren war und ein Bußgeld zunächst nicht zahlen wollte, weil er sich verfolgt gefühlt hatte. Die Staatsanwaltschaft sah keine Verfolgung und Laschet zahlte das Bußgeld doch noch.
Trotzdem könnte die Affäre für Friedrich Merz eine gute Möglichkeit sein, Laschet den Posten abzusagen. Merz hat nämlich ein Problem: Zu viele Männer aus seinem Heimatbundesland Nordrhein-Westfalen drängen sich für sein Kabinett auf.
Die größten Hoffnungen dürfte sich Carsten Linnemann machen, als Generalsekretär hat er maßgeblich den Wahlkampf der CDU verantwortet und eng mit Friedrich Merz zusammengearbeitet. Linnemann, der auch Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion ist, könnte Wirtschaftsminister werden. Quasi als Gegengewicht zu ihm wird Karl-Josef Laumann gehandelt. In Nordrhein-Westfalen hat er als Arbeits- und Gesundheitsminister gerade mit der Krankenhausreform ein Großprojekt zu Ende gebracht. Laumann gehört dem Sozialflügel der CDU an. Vor seiner Zeit als Minister in Nordrhein-Westfalen war Karl-Josef Laumann Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium.
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Eine Kollegin von Laumann aus dem nordrhein-westfälischen Kabinett könnte ebenfalls in die Bundesregierung aufrücken. Ina Scharrenbach ist seit 2017 Bauministerin in NRW. Bei den Koalitionsverhandlungen im Bund hat sie die Arbeitsgruppe zu den Themen Verkehr, Infrastruktur und Bauen geleitet. Scharrenbach führt ihr Ministerium weitgehend skandalfrei. Höchstens Klimabewegte erinnern sich noch an Scharrenbach: Ihr Ministerium brachte 2018 den Vorwand Brandschutz in Stellung, um die Besetzung im Hambacher Forst zu räumen.
Einer der prominentesten CDU-Politiker, der sich Hoffnungen auf ein Ministeramt gemacht hat, ist Jens Spahn. Allerdings könnte er leer ausgehen. Zu viele Nordhrein-Westfalen sollen nicht in das Kabinett und sollte Carsten Linnemann Wirtschaftsminister werden, würde auch der passende Posten für Spahn fehlen. Aktuell wird spekuliert, der Münsterländer könne Fraktionschef der Union werden.
Aus den Perspektiven von Friedrich Merz und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst dürfte das wohl eine suboptimale Lösung sein. Spahn ist immer für eine unabgestimmte Meinungsäußerung gut. Würde er Fraktionschef, wäre seine Stimme noch gewichtiger. Jeder kritische Ton gegenüber der Bundesregierung würde als Machtkampf gedeutet. Das kann Merz nicht wollen. Hendrik Wüst kann nicht wollen, dass Spahn zu mächtig wird. Als Fraktionschef hätte Jens Spahn Einfluss und eine große Bühne. Spahn und Wüst kennen sich zwar seit gemeinsamen Zeiten in der Jungen Union. Sie gelten aber auch beide als potenzielle Nachfolger von Merz in Sachen CDU-Vorsitz und Kanzleramt und somit als Konkurrenten.
Für Friedrich Merz selbst gilt es in den nächsten Wochen genau auszutarieren, wer in sein Kabinett soll. Politische Strömungen sind dabei genauso zu beachten wie die Herkunft. Da ist nicht allzu viel Platz für männliche Katholiken aus NRW.
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