Teilhabe an Diskriminierung

Leo Fischer über stille Profiteure der Ausgrenzung von Minderheiten

Vor allem trans Menschen sind in den USA immer mehr Anfeindungen ausgesetzt. Ihre Diskriminierung wird nun sogar in Gesetze münden.
Vor allem trans Menschen sind in den USA immer mehr Anfeindungen ausgesetzt. Ihre Diskriminierung wird nun sogar in Gesetze münden.

Kaum zwei Wochen sind seit Donald Trumps Amtseinführung vergangen. Schon sind die USA ein anderes Land. An vielen Stellen ist die Verwaltung faktisch lahmgelegt – eine Kernaufgabe seiner Minister*innen, ungelernten Milliardär*innen oder kompetenzfreien Fox-Labertaschen, die jenes Chaos schaffen sollen, in dem noch vehementer nach der harten Hand gerufen wird. Der Hass gilt dabei nicht nur Migrant*innen, sondern auch den DEI-Programmen (Diversity, Equity and Inclusion), also Maßnahmen, die strukturelle Benachteiligung für marginalisierte Menschen aufheben sollen. Per Dekret wurden bereits die trans Angehörigen der Streitkräfte gezwungen, ihre Identität aufzugeben; Lehrer*innen sollen trans Schüler*innen nicht mehr mit ihren gewählten Vornamen und Pronomen ansprechen. Facebook, Instagram, McDonald’s und Amazon haben nachgezogen und die meisten Hinweise auf DEI entfernt oder verallgemeinert. All jene, die immerzu vom Hauptwiderspruch reden wollten und über die Nebenwidersprüche schweigen, sollten sich nun fragen, warum das Kapital dort, wo es jetzt direkt und ohne demokratischen Schein durchregiert, als Erstes die Nebenwidersprüche zum Hauptschauplatz macht.

Leo Fischer
Leo FischerFoto ist privat, kein Honorar

Leo Fischer ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chef des Satiremagazins »Titanic«. In seiner Kolumne »Die Stimme der Vernunft« unterbreitet er der Öffentlichkeit nützliche Vorschläge. Alle Texte auf: dasnd.de/vernunft

In der Kollision eines Militärhubschraubers mit einem Passagierflugzeug über Washington zeigen sich die Gründe emblematisch: Trump machte indirekt Diversity-Programme für den Unfall verantwortlich. Es seien eben nicht die Klügsten und Besten eingestellt worden, sondern Menschen mit psychischen Problemen. Beweise dafür lieferte er nicht, ist auch nicht nötig: Für das Chaos macht er konsequent Minderheiten verantwortlich. Dies dient nicht nur der Bindung seiner überwiegend weißen, cis-männlichen Wählerschaft. Es ist auch ein Renditeversprechen: Durch die Unterstützung Trumps soll man direkt wirtschaftliche Vorteile erlangen: in diesem Fall durch die Gewissheit, bei der Karriereplanung nicht durch Förderprogramme gestört zu werden.

Dieses Motiv reicht weit. Vor knapp zehn Jahren sagte mir ein Journalist der »Zeit«, er sorge sich um seinen Job, wenn zu viele migrantisierte Menschen in sein Berufsfeld kämen: Die seien meist besser, schlagfertiger und hätten eine wesentlich interessantere Perspektive auf die Gesellschaft als er. Er meinte es nur halb ernst – aber eben ernst genug. Sein Motiv teilen jene, die eine rassistische Regierung vielleicht nicht begrüßen, aber ihre Vorteile stillschweigend genießen werden: die indirekte Kompliz*innenschaft durch die Teilhabe an Diskriminierung.

Die CDU will es Trump nun gleichtun. Das Gewalthilfegesetz kam nur zustande, weil sie trans Menschen kategorisch ausschloss. In vier Bundesländern gibt es »Gender-Verbote«. Die Demütigung queerer Schüler*innen wird in irgendeinem Unions-Labor bestimmt schon vorbereitet – und mit Stimmen von AfD, FDP, BSW, SPD oder Grünen durchgesetzt. Immerhin da diskriminiert man nicht mehr.

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