Kein Asyl für Iraner: »Deutsche Polizei hat großen Mist gebaut«

Der iranische Dissident Ehsan Z. über die Zurückweisung seines Versuchs, Asyl zu beantragen

  • Interview: Benjamin Beutler
  • Lesedauer: 4 Min.
Die Machthaber im Iran gehen rigoros gegen Regimekritiker*innen vor: Dem Dissidenten Ehsan Z. droht eine Abschiebung über Zypern in den Iran.
Die Machthaber im Iran gehen rigoros gegen Regimekritiker*innen vor: Dem Dissidenten Ehsan Z. droht eine Abschiebung über Zypern in den Iran.

Sie sind im Dezember aus dem Iran, wo Sie von Sicherheitskräften verfolgt wurden, weil Sie sich für Bürgerrechte und Demokratie eingesetzt haben, im Flugzeug nach Deutschland geflohen. Nachdem Ihrer Ankunft am Berliner Flughafen wurden Sie mehrere Wochen in Abschiebegewahrsam genommen, dann brachte man Sie nach Zypern. Warum das?

Als ich in Zypern angekommen bin, wurde mir erklärt, dass die deutsche Polizei großen Mist gebaut habe. In Deutschland wurde mir nämlich gesagt, ich könne nicht in Deutschland, sondern nur in Zypern Asyl beantragen. Die Behörden in Zypern aber sagen, ich sei getäuscht worden. Statt mir wie versprochen die Möglichkeit zu geben, in Zypern Asyl zu beantragen, wurde mir jetzt gesagt, dass ich in den Iran abgeschoben werde.

Wie ging es dann weiter?

Nach dieser Nachricht wurde ich ins Gefängnis gebracht. Das ist kein reines Flüchtlingslager, sondern ein echtes Gefängnis, in dem neben Geflüchteten auch Drogenhändler, Mörder und Vergewaltiger untergebracht sind. Sie haben mich in eine Einzelzelle gesperrt. Die Tür hat ein kleines Fenster, aber meistens ist es geschlossen, sodass ich keinen frischen Luftzug bekomme. Es ist sehr schmutzig, es stinkt, und alle rauchen, was mir als Nichtraucher sehr unangenehm ist. Oft darf ich nicht rausgehen, um frische Luft zu schnappen. Man kann nur auf dem Flur herumlaufen, aber das mache ich lieber nicht, weil da viele Kriminelle sind und es oft Streit gibt.

Interview

Ehsan Z. wurde vor drei Wochen aus Deutschland im sogenannten Flughafenverfahren gemäß dem neuen gemeinsamen europäischen Asylsystem (GEAS) nach Zypern abgeschoben und sitzt seitdem in Einzelhaft. Ehsan Z. ist ein Pseudonym, der Regimegegner aus dem Iran möchte aus Angst vor Verfolgung ungenannt bleiben. Das Gespräch wurde schriftlich über Vermittler geführt.

Sie leiden im Gefängnis?

Es ist sehr kalt hier, und die Lampe in meiner Zelle ist kaputt, sodass es nachmittags schon dunkel wird. Nachts ist es sehr kalt, ich friere, aber sie haben mir keine Decke gegeben. Sie sagen, dass sie keine sauberen Decken haben und es unklar ist, wann ich eine bekomme. Die Haftbedingungen sind also wirklich schlecht. Ich kann nicht einmal sagen, wie lange ich hier bleiben muss, weil sie mir dazu keine Informationen geben. Ich habe gehört, dass ein Syrer hier acht Monate festgehalten wurde, bevor er abgeschoben wurde.

Sie haben ein Papier erhalten, auf dem steht, dass Sie 75 Tage Zeit haben, Einspruch zu erheben. Was genau bedeutet das für Sie?

Als ich nach einem Anwalt fragte, den ich brauche, um Einspruch erheben zu können, wurde mir gesagt, dass alle Anwälte überlastet seien und es unklar sei, ob ich einen bekommen kann. Sie sagen mir nur, dass sie mir helfen könnten, wenn ich freiwillig zurückkehren möchte. Wenn ich das nicht wolle, müsse ich warten, bis sie eine Möglichkeit finden, mich abzuschieben.

Das klingt wie Erpressung. Um Sie kleinzukriegen, sollen Sie auf Ihre Rechte verzichten. Was wurde noch gesagt?

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Sie haben mir außerdem ein Einreiseverbot für alle europäischen Länder für 60 Monate erteilt. Das bedeutet, dass ich fünf Jahre lang nicht nach Europa reisen darf.

Schon im Flughafengefängnis in Berlin hatten Sie erschwerten Zugang zu Rechtsberatung: Der Flüchtlingsrat Berlin bekam trotz Antragstellung keinen Zutritt zu Ihnen, die Arbeit Ihrer Anwältin wurde massiv erschwert. Sie haben bei der UNO und anderen Organisationen um Hilfe gebeten. Was erhoffen Sie sich davon?

Ich habe alles, was mir passiert ist, in einer E-Mail an die UN geschickt und auch Organisationen kontaktiert, die sich mit solchen Fällen befassen. Ich hoffe, dass mir jemand helfen kann, denn meine Situation ist wirklich schlimm. Ich fühle mich völlig hilflos.

Was hat Ihnen die Polizei gesagt, als Sie in Zypern angekommen sind?

Am Flughafen sagten Polizisten, dass ich keinen Asylantrag stellen könne. Doch am nächsten Tag kam ein Beamter und stellte mir ein paar grundlegende Fragen: wie ich hergekommen bin und warum ich hier bin. Ich habe ihm alles erzählt, was er wissen wollte. Etwa eine Stunde später rief dieser Mann bei einem der Polizisten an, und sie stellten das Gespräch auf Lautsprecher. Aber es war schwierig, etwas zu verstehen, weil alle gleichzeitig und durcheinander redeten. Auch deren Englisch war schwer zu verstehen, der Mann, der mich verhörte, hatte einen für mich völlig unverständlichen Akzent. Dann brachten sie mich plötzlich ins Gefängnis. Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich Asyl beantragen möchte. Sogar die drei deutschen Polizisten, die mich nach Zypern begleitet haben, sagten der Polizei hier, dass ich Asyl beantragen möchte. Aber sie gaben mir kein Formular, keine Bestätigung, nichts Schriftliches. Ich glaube nicht, dass mein Antrag überhaupt ernst genommen wurde.

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