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Argentinien: Milei lockert die Devisenkontrollen
Argentiniens rechter Präsident erhält Rückendeckung aus den USA und vom IWF
Argentiniens rechtslibertärer Präsident Javier Milei war am Montag in Feierlaune. Der erste Tag nach der Lockerung der Beschränkungen für den Ankauf von Fremdwährungen war erstaunlich ruhig verlaufen. Der Dollar-Kurs stieg, aber nicht so stark, dass die Zentralbank den Peso mit Stützungskäufen stabilisieren musste. Hoch ging es an der Börse von Buenos Aires: Der Merval-Aktienindex machte fünf Prozent gut und die Kurse der argentinischen Staatsanleihen legten um rund zehn Prozent an Wert zu.
Run auf den Dollar bleibt aus
Der befürchtete Run auf den Dollar fand nicht statt, zumal am Bankschalter ohnehin nur der Kauf von 100 Dollar im Monat erlaubt ist. Jeder weitere Kauf muss digital über Konten abgewickelt werden. Da viele Banken von der Lockerung der Beschränkungen überrascht wurden und keine entsprechende Software installiert hatten, war es vielfach auch nicht möglich, Dollar über das Homebanking zu kaufen.
Zur Feier des Tages erhielt Milei auch das gemeinsame Foto mit US-Finanzminister Scott Bessent, der am Montag zu einer überraschenden Visite nach Buenos Aires gekommen war. Dabei ging es vordergründig um die demonstrative Unterstützung der US-Regierung für Milei. Und so hatten sie außer gegenseitigem Lob und Dank nichts Konkretes bei ihrem gemeinsamen Auftritt zu verkünden.
Was bei ihrem Gespräch hinter verschlossenen Türen verhandelt wurde, ist nicht bekannt. Einen Hinweis gab Bessent selbst: Das Währungstauschgeschäft zwischen Argentinien und China, mit dem sich Argentinien eine Dollar-Kreditlinie verschafft hat. Dabei geht es um 18 Milliarden Dollar gegen Rückzahlung in Yuan, die Argentinien durch den Verkauf von Soja, Rindfleisch und Lithium nach China einnimmt. Fünf Milliarden Dollar der Kreditlinie hat Argentinien bisher in Anspruch genommen. Deren Laufzeit wurde vor wenigen Tagen auf Betreiben Chinas um ein Jahr verlängert, erklärte Bessent in einem Interview mit der Agentur Bloomberg in Buenos Aires. »Wir versuchen zu vermeiden, was auf dem afrikanischen Kontinent passiert ist, wo China eine Reihe von räuberischen Geschäften abgeschlossen hat, die als Hilfe dargestellt werden, wo sie sich Bergbaurechte angeeignet haben und die Bilanzen dieser Länder mit riesigen Schulden belastet haben«, so der US-Finanzminister in dem Interview.
Unbegrenzter Umtausch bei Banken möglich
Am Freitag hatte Präsident Milei die Lockerung der Devisenkontrollen nach Börsenschluss angekündigt. Seit Montag können Privatpersonen bei den Banken unbegrenzt Pesos in Dollar umtauschen. Bisher war der Peso-Umtausch auf den Gegenwert von 200 Dollar pro Monat beschränkt. Unternehmen dürfen ab dem Geschäftsjahr 2025 Pesos für die Gewinnausschüttung an ausländische Anteilseigner in Dollar umtauschen und überweisen. Dafür wurde der staatlich festgelegte Wechselkurs durch eine Bandbreite ersetzt, innerhalb derer der Wert des Dollars zwischen 1000 und 1400 Pesos schwanken kann. Die Bandbreite wird monatlich um ein Prozent nach unten und ein Prozent nach oben erweitert, um den Wechselkurs schrittweise vollständig freizugeben.
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Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte zuvor grünes Licht für ein neues Kreditabkommen mit dem südamerikanischen Land in Höhe von 20 Milliarden Dollar gegeben. Zwölf Milliarden Dollar sollen bereits am Dienstag zur freien Verfügung überwiesen werden. »Es gibt keinen Präzedenzfall für eine so große Auszahlung«, begrüßte Wirtschaftsminister Luis Caputo die Entscheidung. Argentinien ist der mit Abstand größte Schuldner des IWF. Wie erwartet verringerte sich der Abstand zwischen dem offiziellen und dem informellen Wechselkurs. Der offizielle Wechselkurs stieg von 1097,50 Pesos auf 1230 Pesos pro Dollar, während der informelle Wechselkurs von 1375 Pesos auf 1285 Pesos pro Dollar fiel. Da jedoch alle Einfuhren zum offiziellen Kurs in Dollar bezahlt werden, ist damit zu rechnen, dass sich Importwaren in den kommenden Wochen verteuern werden, was die ohnehin bereits wieder steigende Inflation weiter anheizen wird.
Im März lag die monatliche Inflationsrate mit 3,7 Prozent erstmals nach fünf Monaten wieder über der Drei-Prozent-Marke, teilte die nationale Statistikbehörde Indec mit. Preistreiber war mit Abstand die Rubrik Bildung (21,6 Prozent), aufgrund der Erhöhung der Gebühren für Privatschulen. Danach folgt die Rubrik Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke (5,9 Prozent), hier liegen Fleisch und Gemüse an der Spitze. Während beide Prozentsätze damit über dem Durchschnitt liegen, traf der erste vor allem die Mittelschicht und der zweite die unteren Einkommensgruppen mit voller Wucht. Im Jahresvergleich liegt die Rate damit bei 56 Prozent. Der internationale Vergleich zeigt, wie hoch die Latte damit liegt. Im Nachbarland Brasilien liegt die Inflationsrate im Jahresvergleich nur bei 5,5 Prozent. In Deutschland lag sie im gleichen Zeitraum bei 2,2 Prozent.
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