Läuft für die AfD

Christoph Ruf beobachtet das Unvermögen demokratischer Parteien, sich den Rechten im Parlament entgegenzustellen

Nicht im Bundestag, aber davor: Protest gegen rechte und rechtsextreme Politik.
Nicht im Bundestag, aber davor: Protest gegen rechte und rechtsextreme Politik.

Ich frage mich, ob unter den vielen Stimmen, die so zu mir sprechen, nicht auch die eines AfD-Wahlkampfmanagers ist. Schon die mir zuweilen nachgesagte Faulheit spricht eigentlich dafür. In der vergangenen Woche, es ging um Fritze Merzens Asyl-Vorschläge, saß ich jedenfalls kopfschüttelnd vorm Laptop und stets grummelte diese tiefe Bass-Stimme irgendwo aus meinem Bauch heraus, die immer nur das gleiche Wort sagte: »Läuft«. Ich habe also noch mal nachgeschaut unter all den multiplen Persönlichkeiten da ganz tief unten. Der AfD-Wahlkampfmanager ist dieser unsympathisch aussehende Herr im Schaukelstuhl mit dem Cognac-Schwenkglas. Was für ein Leben. Alles läuft von selbst, nichts zu tun, die Konkurrenz macht den eigenen Job. Gestatten: Herr Fliegenschiss.

Kurzzusammenfassung: Mit Ausnahme der »Linken« waren sich in den Grundzügen alle Fraktionen einig. Über das wenige Trennende wollten CDU, FDP, Grüne und SPD indes nicht sprechen, woraufhin die eine Seite des Parlaments für die Unions-Vorschläge und die andere dagegen stimmte. Letztere aber natürlich nur nicht, weil man vorher eben nicht einbezogen worden war. Och Menno! Gemein! Oder ging's etwa doch primär darum, Merz die Brandmauer einreißen zu lassen? Und somit als Grüne und SPD endlich ein Mobilisierungsthema zu haben, das über »Ein Mensch. Ein Wort« hinausgeht?

Christoph Ruf

Christoph Ruf ist freier Autor und beobachtet in seiner wöchentlichen nd-Kolumne »Platzverhältnisse« politische und sportliche Begebenheiten.

Die Wahlkampfmanager*innen der beiden, die ebenfalls zuweilen aus mir sprechen, haben mir jedenfalls so etwas geflüstert. Herr Fliegenschiss jedenfalls schaukelte gemütlich weiter. Dass die anderen Parteien nicht einmal dann Lösungen beschließen können, wenn sie sich eigentlich zu 98 Prozent einig sind, versteht seine Basis auch so. Und genau den Eindruck haben jetzt noch ein paar Leute mehr als vor zwei Wochen. »Läuft«, rülpste der Kollege aus meinem Bauch heraus. Roch ziemlich nach Cognac.

Am Wochenende hatte ich das Vergnügen, mit einem Bekannten zu diskutieren, der mittlerweile allen Ernstes den menschengemachten Klimawandel leugnet (glücklicherweise aber noch zugibt, dass die Erde rund ist). Argumente zählen nicht mehr wirklich, seit er auf den Telegram-Kanälen aus dem AfD-Umfeld unterwegs ist. Welche Partei er wählen wird, können Sie sich denken. Um Alu-Hüte, Telegram-Erleuchtete und religiös Verwirrte braucht sich Herr Fliegenschiss seit Jahren nicht mehr zu kümmern. »Läuft«.

Läuft aber auch, weil immer noch so viele Leute denken, man müsse nur ganz laut »Nazis« rufen, und alles wird wieder gut. Das ist die Seite, die ausschließlich der politischen Rechten vorwirft, faktenresistent zu sein, aber hochempört aufjault, sobald sie mit einer Statistik konfrontiert wird, die nicht ins eigene Weltbild passt. Des Rechten Klimawandel ist des Linken Islamismus. Die globale CO2-Kurve der vergangenen Jahrzehnte führt sehr steil von links unten nach rechts oben. Sie sieht ziemlich genau aus wie die der AfD-Wahlergebnisse von 2017 bis heute. Mein innerer Wahlkampfmanager sagt, er hat nicht den Eindruck, dass seine Kollegen von den anderen Parteien daraus schon irgendetwas abgeleitet hätten. Am 23. Februar will er jedenfalls mal kurz von Cognac auf Champagner umsteigen. Dann will er wieder vier Jahre nichts tun. Läuft auch so.

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