- Politik
- Asylverschärfung
Abzocke von Geflüchteten
Baden-Württemberg will Schmuck von Asylsuchenden
Das Justizministerium Baden-Württemberg will bei der Aufnahme von Geflüchteten verstärkt auf abschreckende Maßnahmen setzen. Dazu gehört die flächendeckende Beschlagnahmung von Wertgegenständen, wie der Justizstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU) der »Stuttgarter Zeitung« erklärte. Die grün-schwarze Landesregierung orientiert sich dabei an Dänemark, wo bereits seit Jahren ähnliche Regelungen gelten. Derzeit wird in dem Bundesland lediglich in Einzelfällen, beispielsweise im Ankunftszentrum Heidelberg, Geld eingezogen und zur Deckung der Asylverfahrenskosten genutzt. Man werden diesen Ansatz nun »in die Fläche bringen«, sagte ein Sprecher des Justizministeriums zu »nd«.
Grundlage für die Repressalie ist das seit 1993 geltende Asylbewerberleistungsgesetz, das in Paragraf 7 bestimmt, das Einkommen und Vermögen von Leistungsberechtigten und Familienangehörigen »vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen«. Das soll auch bei einer Unterbringung in einer Einrichtung gelten, in der Sachleistungen gewährt werden.
Beschlagnahmt werden Mittel, die über dem in Baden-Württemberg geltenden Selbstbehalt von 200 Euro liegen, so der Sprecher. Sie werden anschließend auf das Konto des Regierungspräsidiums und von dort an den zuständigen Landkreis überwiesen, erfuhr das »nd« bereits 2016. Maximal können bis zu 5000 Euro einbehalten werden.
Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.
Dass nun auch Schmuck und andere Wertgegenstände zu Geld gemacht werden sollen, sorgt für Kritik. Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg verweist darauf, dass die Maßnahme vor allem symbolischen Charakter habe. So sieht es auch die fluchtpolitische Sprecherin der Linke-Gruppe im Bundestag, Clara Bünger. »Es spricht nichts dagegen, wenn wohlhabende Asylsuchende selbst für ihre Versorgung aufkommen«, sagt die Abgeordnete zu »nd«. Die allermeisten Geflüchteten seien aber mittellos oder sogar hochverschuldet: »Nicht zuletzt, weil sie riesige Summen für ihre gefährliche Flucht ausgeben mussten«.
»Wer unseren Schutz in Anspruch nimmt und über Einkommen oder Vermögen verfügt, muss sich an den Kosten der Unterkunft beteiligen«, begründet hingegen der Sprecher des Justizministeriums die Verschärfung. Nach einer Delegationsreise nach Kopenhagen will die Migrations- und Justizministerin Marion Gentges (CDU) nun auch den anderen Bundesländern vorschlagen, sich in der Migrationspolitik stärker an Dänemark zu orientieren und dabei auch Möglichkeiten zum Widerspruch gegen Asylbescheide einzuschränken.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.