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  • Anti-Schwarzer Rassismus

Sechs Jahre für die Tötung von William Chedjou

Ein Urteil im Prozess um den Tod eines Kameruners in Berlin-Wedding ist gefallen

William Chedjou wurde im Sommer 2024 am helllichten Tag auf offener Straße erstochen.
William Chedjou wurde im Sommer 2024 am helllichten Tag auf offener Straße erstochen.

Rund sieben Monate nach der Tötung des Kameruner William Chedjou ist der Angeklagte zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Das Berliner Landgericht sprach den 30-Jährigen des Totschlags schuldig. Er hatte zugegeben, ein Messer gezogen und es dem 37-jährigen Chedjou in den Bauch gerammt zu haben. Angehörige und Freunde des Opfers reagierten bei der Urteilsbegründung aufgebracht – »das war Mord«, riefen einige Zuhörer.

Der Vorsitzende Richter Thomas Groß sprach von einem »unglaublich banalen Streit« um eine Parkplatzlücke, bei der keiner der Beteiligten zu einer Deeskalation bereit gewesen sei. Das habe den Vater eines kleinen Jungen das Leben gekostet. Entscheidend für den Fall sei laut Groß eine »tödliche Melange« aus Rücksichtslosigkeit und Desinteresse an dem, was andere wollten sowie der »wachsenden Neigung vor allem junger Männer, ein Messer dabeizuhaben«.

Von Anti-Schwarzem Rassismus als Tatmotiv sprechen hingegen verschiedene linke Gruppen wie auch Angehörige von William Chedjou, die den Prozess seit Beginn begleiten. Unter ihnen ist die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD). »Wir trauern als Schwarze Community und zeigen uns solidarisch mit allen Schwarzen Menschen, die diesen Übergriff als Spitze des Eisbergs identifizieren und deshalb gegen Anti-Schwarzen Rassismus auf die Straße gehen«, teilt ISD mit. »Alltäglich streiten sich weiße Menschen um unzählige Banalitäten, ohne dafür mit ihrem Leben zu bezahlen.« Schwarze Menschen würden durch Anti-Schwarze Narrative hingegen als Bedrohung skizziert, heißt es in der Mitteilung von ISD.

Tatsächlich hatte der Angeklagte während des Prozesses gestanden, das Messer, mit dem er William Chedjou erstach, schon eingesteckt zu haben, bevor er aus seinem Auto stieg und auf Chedjou traf – also bevor er mit dem Opfer kommuniziert hatte.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von sechs Jahren und acht Monaten gefordert. Die Verteidiger plädierten auf eine Strafe von nicht mehr als fünfeinhalb Jahren. Juristisch wertete das Gericht wie Staatsanwaltschaft und Verteidigung die Tat des nicht vorbestraften Mannes, der an die Familie Chedjous 15 000 Euro gezahlt habe, als einen minderschweren Fall. Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig. mit dpa

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