Gefangenenaustausch in Gaza: Eine Frage der Humanität

Wolfgang Hübner über die Geiselübergaben in Gaza

Porträts von Geiseln der Hamas in Jerusalem
Porträts von Geiseln der Hamas in Jerusalem

Die Bilder von den Geiselübergaben in Gaza, die uns seit Wochen erreichen, sind kaum zu ertragen: Menschen, die entführt und unter unsäglichen Umständen länger als ein Jahr gefangen gehalten wurden, die nicht wussten, ob sie da lebend wieder rauskommen – diese Menschen werden von johlenden, bewaffneten, aufgeputschten Hamas-Kämpfern unter antisemitischen Parolen herumgestoßen, verhöhnt und für ihre Propaganda missbraucht. Dass jetzt die Särge von zwei getöteten israelischen Kindern in einem Spektakel zur Schau gestellt wurden und Israel im Rahmen des Geiselaustauschs eine falsche Leiche untergejubelt wurde, ist an Perfidie nicht zu überbieten. Es sind verstörende, beschämende Bilder und Vorgänge, die man nur verurteilen kann.

Doch diese Empörung und Kritik ist nur glaubwürdig, wenn man von der anderen, mindestens ebenso grausamen Seite des Gaza-Kriegs nicht schweigt. Zehntausende Menschen wurden in Israels Krieg in Gaza getötet, darunter unglaublich viele Zivilisten, Frauen, Kinder. Die Hamas ist längst nicht ausgelöscht, wie Israels Premier Netanjahu es vorhat, aber die Opfer sind unermesslich und Gaza ist eine Trümmerwüste. Das wird von einem erheblichen Teil der westlichen Politik, auch der deutschen, nonchalant hingenommen. Hinzu kommt der teils brutale Umgang Israels mit palästinensischen Gefangenen.

Man kann und darf die Opfer beider Seiten nicht gegeneinander aufrechnen. Wohl aber muss man die Verantwortlichen für die Gewalt auf beiden Seiten scharf angreifen. Solange die internationale Politik das nicht tut, sondern jeder seine eigene Agenda verfolgt, gibt es nicht einmal den Ansatz für eine gerechte Friedenslösung.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -