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Immer noch nur ein bisschen Haushalt in Thüringen
Im Freistaat stehen die entscheidenden Verhandlungen für das diesjährige Budget an
Eigentlich ist die finanzielle Lage in Thüringen ja ziemlich unerfreulich. Der Jahresabschluss des Freistaats für das Jahr 2024 macht das noch einmal ganz deutlich. Der ist zwar besser ausgefallen, als das Ende des vergangenen Jahres noch erwartet worden war. Damals hieß es aus dem Finanzministerium des Landes, es sei nicht auszuschließen, dass das Land mit einem Minus in dreistelliger Millionenhöhe abschließen werde. Dieser Fehlbetrag hätte dann aus der Sparbüchse des Landes – der »Haushaltsausgleichsrücklage« – genommen werden müssen, um alle Verbindlichkeiten auszugleichen. Damit wäre die Reserve dann ziemlich leer gewesen.
Doch auch wenn es nicht so schlimm gekommen ist, zeigt sich dennoch, dass Thüringen ein gravierendes und vor allem strukturelles Geldproblem hat. Denn trotz vor allem zweier für den Freistaat positiver finanzieller Einmaleffekte hat das Land nach Angaben von Thüringens Finanzministerin Katja Wolf (BSW) im vergangenen Jahr noch immer fast 100 Millionen Euro mehr ausgegeben als eingenommen. Zum Vergleich: Es gab Jahre, in denen im Haushalt bei der Abrechnung dreistellige Millionenbeträge übrig geblieben waren, die dann in die Rücklage gesteckt werden konnten. Zuletzt war das 2022 der Fall. Damals hatten die Einnahmen des Landes etwa 362 Millionen über den Ausgaben gelegen.
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Insofern also ist es überhaupt nicht überraschend, dass die Aufstellung des Landeshaushaltes für das laufende Jahr eine besonders unvergnügliche Angelegenheit ist – was zum Teil auch erklärt, warum inzwischen schon der dritte Monat des Jahres 2025 angebrochen ist, sich der Freistaat aber immer noch in der vorläufigen Haushaltsführung befindet. Das bedeutet, dass das Land zwar alle Rechnungen begleicht, zu deren Begleichung es gesetzlich oder vertraglich verpflichtet ist – wie etwa Mietzahlungen. Auch die Landesbediensteten bekommen ihr Geld ganz regulär weiter. Aber zum Beispiel neue Zuschüsse an Sportvereine oder soziale Einrichtungen kann es nicht geben, solange das Land keinen Haushalt hat.
Und nach den aktuellen Zeitplänen in der Thüringer Landespolitik wird es damit auch noch ein paar Wochen dauern, was aber immerhin bedeutet, dass – nicht zuletzt wegen des nun vorliegenden Jahresabschlusses 2024 – die entscheidende Phase der Haushaltsverhandlungen begonnen hat. Die sind wie immer in Thüringen in der jüngeren Vergangenheit wegen der Mehrheitsverhältnisse im Landtag in Erfurt besonders kompliziert.
Nachdem in der Vergangenheit die CDU die damalige rot-rot-grüne Minderheitskoalition bei diesen Gesprächen regelmäßig mit immer neuen Forderungen konfrontiert hatte, ist es nun Die Linke, die die Brombeer-Koalition aus CDU, BSW und SPD sehr zielstrebig daran erinnert, dass das Bündnis keine eigene Mehrheit im Landtag hat und deshalb auf die Unterstützung der Linken angewiesen ist, soll der Haushalt 2025 nicht in Abhängigkeit von der AfD beschlossen werden.
Entsprechend lang ist die Liste der Forderungen der Linken für die anstehenden entscheidenden Verhandlungen. In einem Punkt ist Die Linke sogar unnachgiebig. Nach Angaben des Thüringer Linke-Fraktionsvorsitzenden Christian Schaft wollen die Abgeordneten mit insgesamt fast 160 Änderungsanträgen zum Haushalt etwa 192 Millionen Euro umschichten, um zum Beispiel mehr Geld in die Bildung zu stecken. Unter anderem will die Fraktion so die Einführung eines weiteren beitragsfreien Kindergartenjahres finanzieren. Dagegen hat Schaft es ausgeschlossen, dass die Linken einem Landeshaushalt zustimmen, in dem Geld für die Einrichtung von Abschiebehaftplätzen im Freistaat enthalten ist.
Weil die Brombeer-Koalition die aber unbedingt schaffen will, spricht im Moment viel dafür, dass das Bündnis sich auf die Linke wird zubewegen müssen, nicht, um deren Zustimmung zum Haushaltsgesetz zu bekommen, sondern um die Enthaltung der Linken bei der entscheidenden Abstimmung sicherzustellen. Das würde reichen, um den Landeshaushalt unabhängig von der AfD durchs Parlament zu bringen. Nach dem gleichen Muster – Zugeständnisse für Enthaltung – hatten sich Rot-Rot-Grün und die CDU in der Vergangenheit bei Landeshaushalten geeinigt.
Erfreulich für die Haushaltspolitik des Landes ist vor diesem Hintergrund deshalb im Moment nur, dass die Pläne von CDU und SPD auf Bundesebene für ein Infrastruktur-Sondervermögen und eine Flexibilisierung der Schuldenbremse-regeln für die Länder den finanziellen Druck ab 2026 ein wenig lindern werden, den Thüringen auch dann absehbar haben wird. Ausweislich der bisherigen mittelfristigen Finanzplanung des Landes müssen 2026 und 2027 im Haushalt jeweils deutlich mehr als eine Milliarde Euro eingespart werden.
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