SPD und Union: Die Zeitenwende steht über allem

Theo Glauch und Ulrike Eifler über das von SPD und Union geplante 500-Milliarden-Paket für die Infrastruktur

  • Theo Glauch und Ulrike Eifler
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit ihrem Finanzplan wenden Union und SPD einer sozial-ökologischen Transformation den Rücken zu.
Mit ihrem Finanzplan wenden Union und SPD einer sozial-ökologischen Transformation den Rücken zu.

Während Friedrich Merz noch vor der Wahl als oberster Hüter der Schuldenbremse aufgetreten ist, nutzt er die gegenwärtige Verunsicherung nach dem demonstrativen Rauswurf von Selenskyj aus dem Oval Office, um quasi unbegrenzte Mittel für die Aufrüstung zu fordern. Zusammen mit seinem designierten Koalitionspartner SPD will er ein beispielloses Finanzpaket durch den alten Bundestag peitschen. Geplant ist, alle Militärausgaben über ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts von der Schuldenbremse auszunehmen – »whatever it takes«. Es ist ein Blankoscheck für die Aufrüstung.

Flankiert wird das Ganze durch ein 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen, das über zehn Jahre zusätzliche Mittel für die Infrastruktur bereitstellen soll. Ein Bonbon für SPD und Grüne, deren Stimmen für die nötige Grundgesetzänderung gebraucht werden. Doch wer glaubt, diese Investitionen seien von der militärischen Logik der Zeitenwende abgekoppelt, irrt.

Theo Glauch und Ulrike Eifler

Theo Glauch ist promovierter Physiker und Mietenaktivist. Bei der Linken ist er Mitglied im Parteivorstand, sowie im bayerischen Landesvorstand.

Ulrike Eifler ist ebenfalls Mitglied im Parteivorstand der Linken und Bundessprecherin der BAG Betrieb und Gewerkschaft.

Schon die Ampel-Regierung unter Olaf Scholz hat den Weg bereitet, den Merz nun beschleunigt geht. Die Zeitenwende steht über allem. Mit seiner »Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsstrategie« ist Scholz erste Schritte gegangen, um die Industrie in erheblichem Maß auf Waffenproduktion umzustellen. ​​Allein Rheinmetall hat seine Produktionskapazitäten für Granaten seit Beginn des Ukraine-Kriegs verzehnfacht. Bei Markus Lanz forderte der Ökonom Rüdiger Bachmann jüngst bereits ganz unverhohlen die Konversion der schwächelnden Autoindustrie auf Panzerproduktion. Es ist eine schrittweise Entwicklung in Richtung Kriegswirtschaft und der krasse Gegenentwurf zur notwendigen sozial-ökologischen Transformation.

Das Primat der Zeitenwende gibt auch einen anderen Blick auf das 500-Milliarden-Sondervermögen für die Infrastruktur. Denn Brücken und Schienen haben nicht nur eine zivile Nutzung, sie sind auch notwendig zum Transport von militärischem Material. Im »Tagesspiegel« wurde dieser Tage schon für entsprechende Investitionen zur Sicherung der Ost- und Südostflanke der Nato getrommelt. Unionspolitiker fordern derweil den Bau von unterirdischen Krankenhäusern, um vor Luftangriffen geschützt zu sein. Es ist die Spitze der Kriegshysterie.

Gleichzeitig steht die gesellschaftliche Linke vor einem Dilemma. Denn zusätzliche finanzielle Mittel für Infrastruktur sind dringend notwendig. Die Frage ist aber: Wofür werden sie ausgegeben? Und welchen Einfluss hat man darauf? Geht das Geld in Schuldächer, Wohnungsbau und Verkehrswende oder doch eher in Brückenbau, Militärlazarette und den Katastrophenschutz?

Vermutlich lässt sich der Finanzplan von Friedrich Merz und der SPD parlamentarisch nicht aufhalten. Und selbst wenn doch: Die Zeitenwende droht das dominierende politische Projekt der Bundesrepublik für die nächsten Jahre zu werden. Umso wichtiger wird es für die gesellschaftliche Linke sein, Druck von der Straße aufzubauen. Damit die Kriegswirtschaft gestoppt wird – und Investitionen dorthin fließen, wo sie für eine gute Zukunft wirklich gebraucht werden: für soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz statt für Kriegstüchtigkeit.

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