RAF: Ein Menschenauflauf für Daniela Klette

Vor dem Gefängnis in Vechta fand eine Solidaritätskundgebung für das ehemalige RAF-Mitglied statt

Daniela Klette ist in der JVA für Frauen in Vechta inhaftiert.
Daniela Klette ist in der JVA für Frauen in Vechta inhaftiert.

»Freiheit für Daniela Klette« – diese Parole war am Samstagnachmittag vor der Justizvollzugsanstalt für Frauen in der Innenstadt des niedersächsischen Vechta zu hören. Nicht zum ersten Mal. Seitdem das ehemalige RAF-Mitglied Klette Ende Februar 2024 in Berlin verhaftet wurde, fanden in Vechta, wo Klette inhaftiert ist, bereits vier Kundgebungen statt. Am Samstag kamen mehr als 80 Teilnehmer*innen zusammen. Die große Mehrheit waren junge Menschen, die erst geboren wurden, nachdem sich die RAF im April 1998 aufgelöst hatte. Mehrere von ihnen hatten Fahnen von kommunistischen Jugendgruppen dabei.

»Obwohl ich in einer Zeit lebe, in der es die RAF nicht mehr gibt, habe ich ihre Texte gelesen und mich auch mit der Geschichte des bewaffneten Kampfes in der BRD befasst«, sagte ein junger Mann aus Bremen, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Er erklärte, dass er sich nicht mit der Geschichte der RAF befasst, um sie zu verklären. Im Gegenteil. »Wir müssen aus ihren Fehlern lernen, weil wir daraus für unsere eigene linke Organisierung lernen können.« Zudem sei die Geschichte der Repression gegen Linke für ihn sehr aktuell, schließlich »sitzen aktuell mehrere Antifaschist*innen in Deutschland im Gefängnis. Wir sind mit ihnen ebenso solidarisch wie mit Daniela Klette«, betonte er.

Diese Perspektive teilen viele der Menschen, die sich an der Kundgebung beteiligten. Ein Mann aus Magdeburg berichtete vom »Jugendmarsch« von Heilbronn nach Straßburg im Februar, an dem er teilgenommen hatte, um seine Solidarität mit dem Vorsitzenden der kurdischen Arbeiter*innenpartei PKK, Abdullah Öcalan, zu bekunden. Eine Zwischenkundgebung habe es vor dem Gefängnis Stuttgart-Stammheim gegeben, in dem Mitte der 1970er Jahre zahlreiche RAF-Mitglieder inhaftiert waren. Heute sitzen in dem Gefängnis unter anderem Aktivist*innen, die wegen einer Mitgliedschaft oder Unterstützung der kurdischen Arbeiter*innenpartei in Deutschland zu Haftstrafen verurteilt wurden.

Auf der Kundgebung war eine kurze Rede des in der JVA-Tegel in Berlin inhaftierten Andreas Krebs mit viel Applaus und Sprechchören bedacht worden. Krebs, der in linksradikalen Zusammenhängen lebte und nach einer Auseinandersetzung mit seinem Chef in Süditalien wegen Mordes verurteilt wurde, war mit einem Smartphone live zugeschaltet und ließ auch solidarische Grüße an Daniela Klette von mehreren seiner Mitgefangenen ausrichten. Auf einem Transparent forderten Teilnehmer*innen aus Magdeburg eine Verbesserung der Situation von Gefangenen, darunter eine Anhebung des Taschengeldes und den Wegfall des Arbeitszwangs im Gefängnis.

Der Bremer Galerist Cornelius Herz hatte seine Grüße an Daniela Klette handschriftlich auf ein Schild geschrieben. Er ist ebenso wie der Mitarbeiter der Publikation »Gefangeneninfo«, Wolfgang Lettow, seit Jahrzehnten in der Solidaritätsbewegung für politische Gefangene aktiv. Beide sind zufrieden, dass sich so viele junge Menschen an der Kundgebung beteiligt haben. Nach der ersten Kundgebung im März letzten Jahres urteilten einige Medien geradezu hämisch, dass sich lediglich übriggebliebene RAF-Unterstützer*innen vor der JVA Vechta träfen, während junge Menschen sich dafür nicht interessierten. Diese Einschätzung hat sich am Samstag nicht bestätigt, was auch daran gelegen haben mag, dass die Kundgebung im Kontext der bundesweiten Aktionstage rund um den 18. März stand, dem Kampftag für politische Gefangene.

Am 25. März um 10 Uhr soll vor dem Staatsschutzsenat in Celle der Prozess gegen Daniela Klette beginnen. Am selben Tag ruft das Netzwerk »Freiheit für alle politischen Gefangenen« ab 9 Uhr vor dem Celler Gericht zu einer Kundgebung auf. Es werden Teilnehmer*innen aus der gesamten Republik erwartet.

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