- Sport
- Nations League
Deutschland vs. Italien: Härtetest mit Hindernissen
Zum Start ins Länderspieljahr steht für das DFB-Team direkt das Prestigeduell gegen die Squadra Azzura an
Rudi Völler ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Entsprechend deutlich klang der Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am Dienstag bei der Ankunft der Nationalmannschaft im Teamquartier in Dortmund. Als er zum bevorstehenden Nations-League-Viertelfinale gegen Italien gefragt wurde, erklärte Völler: »Das ist ein Fußball-Klassiker, kein normales Spiel. Es geht um viel.« Worte, die belegen sollen, wie wichtig das erste Duell im Länderspieljahr 2025 für das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann ist.
Wenn die DFB-Elf an diesem Donnerstag im altehrwürdigen Giuseppe-Meazza-Stadion in Mailand antritt und am Sonntag in Dortmund die Italiener zum Rückspiel empfängt, steht viel auf dem Spiel. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Völler und Nagelsmann die Nations League zum Gradmesser für den deutschen Fußball ausgerufen haben. Im Uefa-Nationenwettbewerb sollen die deutschen Kicker zeigen, wie weit sie schon sind auf dem Weg zum Favoritenstatus für die WM im kommenden Jahr in den USA, Kanada und Mexiko. Im Idealfall will es Nagelsmann den Spaniern gleichtun, die auf dem Weg zum EM-Titel im letzten Sommer auch die Nations League gewannen. Ein deutscher Erfolg als Grundstein für den angestrebten WM-Sieg 2026.
Geschwächte Weltklasse-Offensive
Bisher ist dabei alles nach Plan gelaufen. Als souveräner Gruppensieger qualifizierte sich die DFB-Elf für das Viertelfinale. Doch ausgerechnet vor dem Härtetest gegen die Squadra Azzurra sind einige Probleme zu lösen. Ohne die verletzten Florian Wirtz und Kai Havertz bleibt nur noch Jamal Musiala aus der deutschen Weltklasse-Offensive übrig, um die Nagelsmann eigentlich sein ganzes Team aufgebaut hat. Im letzten Länderspielfenster im November zauberte das Edeltechniker-Trio beim 7:0 gegen Bosnien-Herzegowina noch nach Belieben. Jetzt muss der Bundestrainer zwei Drittel seiner offensiven Dreierreihe austauschen.
Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.
Dafür kann der 37-Jährige entweder auf Formstärke oder internationale Erfahrung setzen. Während die Mainzer Jonathan Burkardt und Nadiem Amiri sowie Gladbachs Wandstürmer Tim Kleindienst in der Bundesliga zuletzt starke Leistungen gezeigt haben, verkörpern die ebenfalls nominierten Leroy Sané und Deniz Undav noch eher internationale Klasse. Beide spielen aktuell aber nicht auf ihrem Topniveau. Gut möglich also, dass der Bundestrainer in der Offensive gegen Italien für eine Überraschung sorgt. »Bei so einem Gegner muss man Respekt haben, aber ich glaube, wir brauchen keine Angst zu haben. Wir wollen beide Spiele gewinnen«, zeigte sich der Mainzer Amiri bei seiner Rückkehr in die Nationalelf nach über vier Jahren Pause gleich mal angriffslustig und ganz auf einer Wellenlänge mit den Titelansprüchen seines Nationaltrainers.
Ein Rückkehrer mit viel Erfahrung
Auch hinter den Offensivpositionen steht eine spannende Personalentscheidung an. Mit Bayerns Leon Goretzka hat Nagelsmann einen ehemaligen Leistungsträger ins Nationalteam zurückgeholt, der trotz seiner eineinhalbjährigen Abstinenz die viertmeisten Länderspiele im aktuellen DFB-Kader bestritten hat. Der 30-Jährige hat sich beim Rekordmeister vom Abstellgleis zurück in die Stammformation gekämpft und ist momentan deutlich besser in Form als das seit der EM von Nagelsmann bevorzugte Mittelfeld-Duo Robert Andrich und Pascal Groß. Sollte Goretzka gegen Italien zum Einsatz kommen und überzeugen, könnte sich die Hierarchie in der deutschen Schaltzentrale schnell ändern.
In der Abwehr scheint dagegen vorerst alles beim Alten zu bleiben. Jonathan Tah, Antonio Rüdiger und Joshua Kimmich sind gesetzt. Lediglich David Raum und Maxi Mittelstädt konkurrieren um den Linksverteidigerposten. Dahinter hat der Bundestrainer Hoffenheims Oliver Baumann zur permanenten Nummer eins im Tor erklärt, bis zur Rückkehr des langzeitverletzten Marc-André ter Stegen.
Wiedererstarkte Italiener
Ein Debüt könnte es aber trotzdem geben. Innenverteidiger Yann Aurel Bisseck darf sich nach seiner ersten Nominierung gegen seine italienischen Teamkollegen von Inter Mailand berechtigte Hoffnungen auf ein paar Einsatzminuten machen. Noch größere Experimente dürften gegen die Italiener aber ausbleiben. Dafür ist der vierfache Weltmeister laut DFB-Sportdirektor Völler einfach zu stark: »Italien ist schwer zu bespielen. Sie lassen wenig zu und sind kompakt. Sie haben zudem einen überragenden Trainer, der die Mannschaft gut einstellt.« Luciano Spalletti hat dabei einen ganz ähnlichen Prozess hinter sich wie sein Amtskollege Julian Nagelsmann. Zu Beginn überfrachtete der 66-Jährige die italienischen Spieler mit einem komplexen taktischen Ansatz. Seit der verkorksten EM in Deutschland, bei der die Squadra Azzurra schon im Achtelfinale an der Schweiz scheiterte, hat Spalletti seine Taktik vereinfacht und endgültig auf eine Dreier-Abwehrkette umgestellt.
Danach gab es in einer starken Nations-League-Gruppe mit Frankreich, Belgien und Israel vier Siege, ein Unentschieden und nur eine Niederlage gegen die Franzosen im bedeutungslosen letzten Gruppenspiel, als beide Teams bereits für das Viertelfinale qualifiziert waren. Im Angriff fehlt dem Spalletti-Team zwar ein absoluter Topspieler. Trotzdem wäre ein Weiterkommen gegen Italien für eine DFB-Elf, die aktuell nicht in Bestbesetzung antreten kann, das erhoffte nächste Ausrufezeichen auf dem Weg zur Weltmeisterschaft.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.