Hilfe im Katastrophenfall

Die Organisation Flooded People UK hilft von Flut Betroffenen

Die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 hat nicht nur die Ortschaft zerstört, sondern auch psychische Beschädigungen bei den Bewohnern verursacht.
Die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 hat nicht nur die Ortschaft zerstört, sondern auch psychische Beschädigungen bei den Bewohnern verursacht.

An einem Regentag ist das Ahrtal in Trauer«, sagt Renate Petry, die an einem Nebenbach der Ahr lebt. Ihr Zuhause wurde von der Flut am 14. Juli 2021 schwer getroffen. Erst am sechsten Tag konnten sie und ihre Familie Angehörige im Ahrtal kontaktieren. Eine traumatisierende Zeit, in der es am Nötigsten fehlte. Auch heute ist längst nicht wieder alles beim Alten. Von der staatlichen Hilfe zeigt sich Petry enttäuscht. Politiker*innen blieben ihrem Versprechen von unbürokratischer Hilfe nicht treu, sagt sie. Viele Häuser in der Umgebung sähen noch genauso aus, wie die Flut sie hinterlassen hat. Und Petry fühlt sich in eine Opferrolle gedrängt: »Wir haben dankbar zu sein«, sagt sie. Wird Kritik laut, »werden wir als störend wahrgenommen in diesem Prozess«. Noch immer mangelt es etwa an psychologischer Unterstützung. »Die Angst wird nicht mehr weggehen«, sagt Petry. »Das Ahrtal hat einen Anfang gemacht für Katastrophen, die kommen werden, die schon gekommen sind.«

In der entstehenden Wasserbewegung, wie auch in anderen Teilen der Klimabewegung, gibt es Bestrebungen, sich besser auf Krisenereignisse wie die Ahrtalflut vorzubereiten. »Solidarische Katastrophenhilfe«, oder »solidarisches Prepping« wird das genannt. In Großbritannien ist man schon einen Schritt weiter. In diesem Jahr hat die Organisation Flooded People UK (auf Deutsch etwa: von Flut Betroffene Menschen in Großbritannien) ihre Arbeit aufgenommen. Sie hat sich darauf spezialisiert, Menschen während und nach Hochwassern zu unterstützen.

Dabei habe sich eine bisher weitverbreitete Grundannahme innerhalb der Klimabewegung als falsch herausgestellt, sagt Mitgründer Louis Ramirez. Die Idee nämlich, dass Menschen den Klimawandel endlich ernstnehmen werden, wenn sie selbst spürbar betroffen sind. Auch Befragungen zeigen, dass die Betroffenheit von Extremwettereignissen kaum etwas an der Einstellung gegenüber dem Klimawandel verändert. Ramirez hat die Erfahrung gemacht, dass Menschen in Großbritannien Fluten auf eine »hyperlokale Art« erfahren, Betroffene hätten dabei selten Kapazitäten eine »globale Gerechtigkeitsperspektive« einzunehmen.

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Trotzdem sei es wichtig, eine Allianz mit Betroffenen einzugehen, findet er. »Aktivisten müssen den Betroffenen zuhören – und den Klimawandel mal beiseite lassen«, so Ramirez. »Unsere Kernphilosophie um zu helfen ist es, Vertrauen aufzubauen.« Die gemeinsame Erfahrung könne ein Weg sein, zusammenzuwachsen. Die Arbeit von Flooded People UK ist dabei vielfältig, reicht von Rechtsberatung bis hin zur akuten Unterstützung durch »Hochwasserschutzspezialisten«. Die gemeinnützige Organisation hilft Betroffenen auch dabei, sich Gehör zu verschaffen, um politische Veränderungen anzustoßen, etwa einen besseren staatlichen Hochwasserschutz.

Denn – und davor warnt Ramirez ausdrücklich – das Engagement in der Katastrophenhilfe dürfe nicht darauf ausgelegt sein, staatliche Strukturen zu ersetzen. Dies würde nur dazu führen, dass sich der Staat aus diesem Aufgabenbereich noch weiter zurückzieht. Betrachtet sich Flooded People UK mit seinem sehr pragmatischen und praxisorientierten Ansatz überhaupt noch als Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung? Nein, sagt Ramirez. »Wir sind da für die Menschen, die von Überflutung betroffen sind.«

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