- Kommentare
- Sprachverbote und der Osterhase
»Osterhase« und »Nazischwein«
Es ist doch ungeheuerlich, dass uns die Sprachpolizei verbieten will, »F*schos« zu sagen. Ein Kommentar zum Sitzhasen
Es ist ein Skandal sondergleichen, den der AfD-Bundestagsabgeordnete Johann Martel aufdeckte. Er fand heraus, dass die Schoko-Osterhasen von Lidl und Aldi mitunter als »Sitzhasen« im Sortiment geführt werden. Für Martel ein klares Indiz für die schleichende Islamisierung Deutschlands. »Der Sitzhase verdrängt den Osterhasen« ist sich Martel sicher.
In einem sich stetig islamisierenden Land ist selbstverständlich kein Platz mehr für christliche Sitten. Geht es nach den Woken im Lande, darf kein Muslim an die christlichen Ursprünge des Frühlingsfestes mit den vielen bunten Eiern erinnert werden, weil es religiöse Gefühle verletzen könnte. Deswegen ist es mittlerweile ein gesellschaftliches Tabu, darüber zu sprechen, dass der Osterhase für unsere Sünden am Kreuz gestorben ist und wir seiner gedenken, indem die Kinder allerhand bunt verzierte Eier suchen.
Andreas Koristka ist Redakteur der Satirezeitschrift »Eulenspiegel«. Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter dasnd.de/koristka.
Noch verstecken sich die Supermärkte hinter allerhand Schutzbehauptungen. Der »Sitzhase« heiße nur so, um ihn von den vielen anderen Osterhasen im Angebot unterscheidbar zu machen. Aber Tatsache ist, dass es in wenigen Jahren Mohammed-Hasen und Koran-Eier geben wird. Wird der Entwicklung nicht Einhalt geboten, dann werden unsere Kindeskinder nicht mehr wissen, was Eier-Titschen mit Jesus Christus verbindet. Ein Land, das sich nicht mehr traut, »Osterhase« zu sagen, hat vor den Woken mit ihren Sprachverboten kapituliert. Die Entwicklungen sind besorgniserregend. Dieter Hallervorden, so hört man, sitzt derzeit sogar eine Gefängnisstrafe ab, weil er »Zigeunerschnitzel« und »Negerkuss« gesagt hat. Ein Skandal! Es herrscht immer noch Meinungsfreiheit im Land!
Die Menschen sind hinsichtlich der Benutzung einzelner Wörter viel zu sensibel geworden. Das gilt allerdings auch für die AfD selbst: Alice Weidel brach vor einigen Jahren ein Interview ab, weil ein Fragesteller das N-Wort (»n*tion*lsozi*listisch«) mit ihrer Partei in Verbindung brachte. Doch viele benutzten Wörter wie »N*azi« oder »F*schist« ganz wertfrei für Menschen, die politische Positionen vertreten, für die auch Björn Höcke einsteht.
Merkwürdige Sprachkonstrukte wie »besorgte Bürger«, »konservative Bürgerliche« oder »Beatrix von Storch« sind vielen Leuten einfach fremd. Sie meinen es nicht böse, wenn sie stattdessen von »F*schos« und »N*zischweinen« sprechen – über lange Zeit etablierte Begriffe. Heutzutage jedoch sind viele Rechtsextreme (Darf man den Begriff überhaupt noch benutzen?) empört, wenn sie so tituliert werden. Dabei hätte es Hitler wahrscheinlich überhaupt nicht als ehrrührig empfunden, wenn man ihn einen »N*tion*lsozi*listen« genannt hätte. Warum ist der Begriff dann für einige (selbstverständlich nicht für alle) AfD-Politiker ein Problem?
Die wenigsten möchten wohl in einem Land leben, in dem wir den Osterhasen »Sitzhasen« nennen und Alice Weidel und Co. »Ganz-rechts-im Bundestagsitzmenschen«. Die deutsche Sprache kennt so viele wunderbare althergebrachte Begriffe. Benutzen wir sie endlich wieder, bevor das Land völlig von einer gutmeinenden Sprachpolizei kontrolliert wird.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.