- Wirtschaft und Umwelt
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Hausärzte sollen Patienten steuern
Krankenkassen-Chef begrüßt Pläne von Union und SPD für Primärarztsystem
Berlin. Der Chef der Techniker Krankenkasse (TK), Jens Baas, hat die Pläne der künftigen schwarz-roten Koalition für ein Primärarztsystem begrüßt. »Ich halte das grundsätzlich für sehr sinnvoll, wenn es gut gemacht wird«, sagte er der Zeitung »Welt«. »Eines der Probleme, die wir im deutschen Gesundheitssystem haben, ist, dass der Weg in die Versorgung unkoordiniert erfolgt.«
Ein klassisches Beispiel dafür seien Kopfschmerzen, sagte Baas. »Da könnte ich beispielsweise zum Neurologen, zum HNO-Arzt, zum Augenarzt, zum Orthopäden, zum Psychiater oder zum Hausarzt gehen. Wo man hingeht, ist leider oft Zufall.« Wichtig sei es daher, dass Hilfesuchende klarer durch das System geführt würden. »Also dass der Hausarzt je nach Fall sagt, ob der Besuch eines Neurologen oder eher eines Augenarztes sinnvoll ist«, betonte Baas.
Die Reform müsse auch dazu führen, dass Patientinnen und Patienten schneller an einen Facharzttermin kommen, wenn sie vorher überwiesen wurden. Allerdings bestünde die Gefahr neuer Engpässe, wenn alle erst zur Hausarztpraxis gingen.
An diesem Punkt hatte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, ebenfalls Kritik: »Es wird dazu führen, dass wir jetzt zweimal warten dürfen. Einmal beim Hausarzt und das nächste Mal beim Facharzt.« Zudem würden Hausarztpraxen teils keine neuen Patienten aufnehmen, und viele Menschen hätten gar keinen Hausarzt.
TK-Chef Baas nennt hierfür einen Lösungsansatz: die verpflichtende digitale Ersteinschätzung des medizinischen Anliegens. Dabei würde auch die Dringlichkeit bewertet. Diese Ersteinschätzung könne per App, über einen Anruf bei der Hotline 116 117 der Kassenärztlichen Vereinigungen, aber auch vor Ort am Praxistresen oder in der Notaufnahme erfolgen.
Union und SPD wollen ihrem kürzlich vorgestellten Koalitionsvertrag zufolge »ein verbindliches Primärarztsystem« einführen. Die Primärärztinnen und -ärzte, in der Regel die Hausärzte, sollen den Bedarf für einen Facharzttermin feststellen, was zu einer schnelleren Terminvergabe führen und am Ende die Versorgung verbessern soll. AFP/nd
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