Klar jetzt frei für Peymann
Ehemaliger RAF-Terrorist nach 26 Jahren aus Haft entlassen
Karlsruhe (dpa/ND). Die erste Stellungnahme kam von Christian Klars Anwalt: »Er wird nun selber bestimmen können, was er macht und wo er es machen will«, sagte der Hamburger Jurist Heinz-Jürgen Schneider gestern kurz nach Bekanntwerden der Freilassung. Nun ist als einzige Ex-Terroristin der RAF noch Birgit Hogefeld hinter Gittern.
Der einstige Terrorist saß seit 1985 – und damit länger als jedes andere RAF-Mitglied – wegen neunfachen Mordes im Gefängnis. 1992 kam eine weitere Verurteilung hinzu. Bundespräsident Horst Köhler hatte im vergangenen Jahr ein Gnadengesuch Klars abgelehnt. Ende November hatte das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden, dass Klar nach Ablauf seiner Mindesthaftzeit auf Bewährung entlassen werden muss. Er gilt heute nicht mehr als gefährlich. Das bescheinigten ihm zwei Gutachter und auch die Bundesanwaltschaft.
Klar hatte in der Haft gearbeitet, daher konnte er durch seinen angesparten Urlaub – sogenannte Freistellungstage – einige Tage früher frei gelassen werden. »Ob er der Öffentlichkeit Auskunft über seinen Aufenthaltsort geben will oder nicht, obliegt allein der Entscheidung von Christian Klar«, teilte das Ministerium weiter mit. Klars Anwalt betonte allerdings, der 56-Jährige werde nicht die Öffentlichkeit suchen. »Er wird nicht in Talkshows auftreten und auch keine Interviews geben«, sagte der Jurist.
In der Öffentlichkeit hatte die Entlassungsentscheidung zu heftigen Kontroversen geführt. Reue hatte der frühere Terrorist nicht gezeigt, auch sein Wissen über Details von Anschlägen hatte er nicht preisgegeben. »Wer so brutal und menschenverachtend gegen andere gehandelt hat, dem nimmt man sowieso keine Reue ab«, sagte der Sohn des 1977 von der RAF ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer am Freitag. Bei den RAF-Terroristen handele es sich um gemeine, kriminelle Verbrecher. »Dann kann man ihnen die Vorzüge, die ein Rechtsstaat bietet, nicht verschließen«, so Schleyer weiter.
»Er hat sich gefreut, er war zufrieden«, beschrieb Anwalt Schneider die Stimmung seines Mandanten vor der Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt. Klars nächste Schritte in Freiheit seien noch unklar. Auch sei nicht entschieden, ob er tatsächlich ein Praktikum beim Berliner Ensemble antreten werde. »Die Auflagen sind aber nicht besonders hoch, es hängt auch sehr von den Gesprächen in Berlin und mit dem Bewährungshelfer ab«, sagte Schneider. Das Theater in Berlin nahm zunächst keine Stellung. Das Oberlandesgericht hatte die Bewährungszeit Ende November auf fünf Jahre festgelegt und betont, Klar würden »Weisungen zur Meldung des Wohnsitzes und der Arbeitsstelle erteilt«.
Klar gehörte zu den zentralen Figuren der zweiten RAF-Generation: Er war zwischen 1977 und seiner Verhaftung im November 1982 an fast allen Aktionen der »Roten Armee Fraktion« beteiligt. Der gebürtige Freiburger wurde unter anderem für die spektakulären Mordanschläge auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback und Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto sowie für die Entführung und Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer verurteilt. Nach den beiden Verurteilungen von 1985 und 1992 legte das OLG die Mindesthaftzeit auf 26 Jahre fest – wegen »besonderer Schwere der Schuld«.
Für Aufsehen sorgte Klar Anfang 2007 durch irritierende Äußerungen aus seiner Bruchsaler Zelle: In einer Grußbotschaft an die Ros-Luxemburg-Konferenz äußerte er die Hoffnung, »die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden«.
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